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News aus Hamburg
JUNGE FILMEMACHER IN HAMBURG

An die Sets, fertig, los!

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In der Hamburger Nachwuchs-Filmszene gibt es derzeit große Ideen und viel Talent: Mit Ausdauer und tollen Geschichten im Gepäck verwirklichen junge Regisseure und Produzenten ihre filmische Kreativität. Die Grundlagen bringt einem das Studium bei – doch der Weg in die Filmbranche verlangt vor allem eines: Eigeninitiative in allen Bereichen. Wir haben zwei frische Absolventen auf ihrem Weg begleitet – und geben euch Tipps für den eigenen Start in die Filmemacher-Karriere.

Es ist der erste warme Abend im April und an der Alster wimmelt es von Menschen. Durchatmen und den Blick über das Wasser gleiten lassen. Mehr verlangt gerade keiner von der Feierabendidylle. Für die beiden Hamburger Filmemacher Max Ahrens (22) und Maik Lüdemann (23) ist es mehr ein kurzes Ausruhen als Feierabend. Sie sind zwei von zahlreichen ambitionierten Jungregisseuren aus Hamburg, die mit ihren neuen Projekten den Weg in die Filmbranche wagen. Wer sich für einen Beruf in der Filmindustrie entscheidet, wählt einen 24-Stunden-Job inklusive zweigleisigen Projekten.

So wie Maik, der parallel an seiner Bachelorarbeit arbeitet und gleichzeitig mit seiner eigenen Produktionsfirma Nashorn Filmhaus Werbefilme produziert. Da sind kurze Verschnaufpausen reine Mangelware. „Es braucht viel Leidensfähigkeit, Selbstdisziplin und organisatorisches Geschick, um alles in der Spur zu halten“, sagt Max, der seinen Abschluss an der medienakademie Hamburg Anfang 2018 erfolgreich absolvierte. Dort trafen sich der aus Winsen stammende Max und der Hamburger Maik im Studiengang „Film & Fernsehen/Schwerpunkt Regie“ zum ersten Mal und bemerkten schnell, dass die Chemie zwischen ihnen und das gemeinsames Verständnis von Film einfach passte.


Am Set: Max und Maik beim „Lukas taucht"-Dreh.

#Lukastaucht
Ihr erster studienunabhängiger Film „Lukas taucht“, der im Februar 2018 seine Uraufführung im Studio-Kino in Altona feierte, wird immer wieder in regulären Vorstellungen in verschiedenen Kinos gezeigt. Die zwei Regisseure können bereits auf Erfahrungswerte zurück blicken, die für angehende Filmemacher unerlässlich sind. Bevor die Komödie jedoch Anerkennung und positives Feedback ernten konnte, mussten immenser Aufwand und einige Rückschläge verkraftet werden. „Für den jungen Nachwuchs ist es schwer, klassische Filmförderung von den regionalen Förderanstalten der Bundesländer zu erhalten. Besonders wenn es sich um leichtes Entertainment handelt. Mit Komödien oder skurrilem Humor hat man es nicht immer einfach“, gibt Maik rückblickend zu. „Die gesellschaftliche Relevanz des Projekts steht vor der Kreativität und hemmt die Ideenfindung und das fiktionale Schreiben. Bevor überhaupt der Gedanke an die Finanzierung zum Tragen kommt, überdenkt man die eigentliche Idee schon wieder.“

Blickt man auf die Förderentscheidungen der Filmwerkstatt Kiel, die den kreativen Nachwuchs aus Schleswig-Holstein unterstützt, bestätigt sich der Gedanke: Die 24 geförderten Projekte aus 2017 splitten sich in 21 Dokumentarfilme und lediglich 3 fiktionale Projekte – darunter ein Experimentalfilm. Mit der Realisierung der Flüchtlingsdokumentation „Minden Replying“ (abrufbar unter anderem auf iTunes und Amazon) erntete auch Nashorn Filmhaus lobende Kritiken und diverse Einsätze auf Festivals. Ein wichtiges Thema mit Relevanz und Brisanz. Doch warum ist es schwieriger am Anfang einer Filmkarriere reine Unterhaltungsfilme umzusetzen? Muss es immer ein ungemütliches Thema sein? Nicht immer. Aber die Auseinandersetzung mit aktuellen Thematiken ist ein wichtiger Aspekt. Diesen Trend kann man in aktuellen Projekten sehen, die sich mit den Problemen der Generation Y beschäftigen: Neue Medien, die Suche nach Halt und das Hinterfragen des eigenen Ichs bieten Stoff für aktuelle Filmprojekte. „Lukas taucht“ beschäftigt sich mit der Qual wegweisen – der Entscheidungen. Das aktuelle Kurzfilmprojekt „Blaue Flecken“ des Hamburgers Martin-Oliver Czaja (25) begleitet zwei aufstrebende FERTIG, LOS! Rapperinnen in St. Pauli auf der Suche nach den richtigen Beats – und sich selbst.


Der Film der Jungregisseuren Maik und Max „Lukas taucht".

Joshua Borchardts (20) Kurzfilm „Fields“ spielt in einer post-apokalyptischen Welt, in der Hoffnung das einzige Gut ist, das überlebt hat. Themen, die Ängste und Sorgen einer Generation widerspiegeln. In Schwarz-weiß gedreht, lange Einstellungen oder der detaillierte Blick in die Seele der Protagonisten – die künstlerische Wertigkeit ist den Projekten nicht abzusprechen. Was junge Filmemacher aus Hamburg auf die Beine stellen, wird zur großen Projektionsfläche für Gleichaltrige. Für Einsteiger in die Filmszene ist die Nähe zu einem Thema das A und O. Was liegt also näher, als in seinen Erstlingswerken das in Szene zu
setzen, was einen selber beschäftigt?

Aller Anfang...
Wie in jeder Branche gibt es den klassischen Weg und den Quereinstieg. Voraussetzung für Filmemacher ist natürlich die Liebe zum Film. Ohne geht es nicht. Vor der Wahl eines Studiengangs sollte klar sein, wo der Fokus liegen soll: Regie? Produktion? Special Effects? Ton? Es kann nicht schaden, wenn ein Filmemacher von allem ein gewisses Maß an Verständnis hat oder erwirbt, doch eine Profession sollte den Kern des Studiums bilden. Meist dauern Filmstudiengänge bis zu 12 Semester. Für junge Filmemacher ist das Studium jedoch erst der Anfang von allem. Das Sammeln von Praxiserfahrung wird nicht nur im Studium empfohlen, sondern ist unerlässlich für die Arbeit eines Filmschaffenden. Auf branchenrelevanten Jobbörsen wie crew-united.de finden sich zahlreiche Angebote, bei denen Interessenten fündig werden.

Je mehr Erfahrungen gesammelt werden, umso mehr Wissen besitzt man für seine eigenenProjekte, die Eigeninitiative erfordern. Das bringt große Verantwortung mit sich, die mit steigendem Budget nicht kleiner wird. Besonders, wenn Gelder von Dritten das Projekt mitfinanzieren. Doch es gibt Lösungen für Einsteiger, genau diese Last zu minimieren. Ein Grund, warum sich auch die Hamburger Regisseure und Produzenten Max und Maik für die Selbstfinanzierung und Crowdfunding ihrer Projekte entschieden haben. Der Mix aus Finanzierung und Marketing kurbelt den Bekanntheitsgrad der zu fördernden Projekte an und spült gleichzeitig noch Geld in die Produktionskasse. „Man darf nicht hoffen, dass die Leute einem das Geld hinterherwerfen. Das passiert eher selten und bedarf einer gewissen Reichweite von Natur aus. Doch als Starthilfe empfiehlt sich Crowdfunding in jedem Fall“, räumt Max ein. Für ihren derzeit in Vorproduktion befindlichen Serienpiloten „Karacholand“ setzten Max und Maik eben deshalb wieder auf die Hilfe des Crowdfundings und erreichten ihr Finanzierungsziel von über 5.000 Euro.


Der Film „Heilstätten"  von Michael David Pate.

Frischer Wind
Statt einem Langfilm widmen sich die Hamburger Regisseure in „Karacholand“ nun dem Serienformat. Ein cleverer Kniff, der zusätzlich mehr Raum für Kreativität und Auswertungserfolge offenbart. Dank Netflix und Amazon, die die Serienlandschaft extrem verändert haben, ist Streaming zu einem wichtigen Zweig geworden, der auch dem Nachwuchs eine Plattform ermöglicht, um Formate und das deutsche Sehverhalten zu entstauben. „Wir wollen mit ‚Karacholand' unseren Teil dazu beitragen, die starren Genreregeln etwas aufzuweichen. In Deutschland gibt es kaum Genrehybriden aus verschiedenen Bereichen. Entweder ist es ernst oder lustig. Aber Geschichten sind nicht nur das eine oder das andere. Sie sind vielfältig und voller Ecken und Kanten“, sind sich Max und Maik einig. Die Zeit für neue Ideen hat gerade erst begonnen!


„Neue Dinge müssen her!“
Regisseur, Autor und Produzent Michael David Pate (36) aus Heide in Schleswig-Holstein macht die Filme, auf die er Lust hat – und der Erfolg gibt ihm Recht. Wir haben ihn nach seinem „Geheimnis" gefragt.

Der Beruf Filmemacher ist der Traum vieler junger Kreativer. Ist es ein angeborenes Talent oder eine reine Frage von Fleiß und Lernen?
Ich denke beides. Ich hatte schon als Kleinkind eine unheimliche Faszination für bewegte Bilder und Geschichten. Angeboren war es bei mir insofern, dass mein Vater ein totaler Filmnerd ist. Anstatt uns Kinder zum Sport zu schicken, verpasste er uns eine umfassende Filmbildung. Aber im Beruf gibt es noch so viel zu lernen. Ich bin den autodidaktischen Weg gegangen und habe vieles in der Praxis gelernt. Sich vor dem Loslegen erst einmal ein breites Wissen anzueignen, halte ich aber auch nicht für verkehrt. Sicher Typsache.

Deine Filme haben in den deutschen Kinos für Aufsehen gesorgt. Braucht es mehr Mut für neue Ideen?
Ja, bitte! Ich denke, wir haben dieses Jahr bereits an einigen Beispielen gesehen, dass man nicht immer das Gleiche machen kann. Ich habe den Eindruck, dass es gerade einen Umbruch gibt. Neue Dinge müssen her, es ist überfällig. Deutschland kann viel mehr als Komödie und Drama. Ich habe bisher einfach versucht mit meinen Filmen den Zeitgeist zu treffen.


Michael David Pate akuteller Film „Heilstätten".

Ist die klassische Filmförderung noch zeitgemäß oder sind Wege wie Crowdfunding eine Option für die Finanzierung?
Ich denke, das ist komplett projektabhängig. Ich habe sowohl Förderfilme als auch Independentfilme gemacht und finde rückblickend alles bisher richtig. Ich bin nicht nur für eines von beiden. Es kommt einfach auf den Film an. Wie hoch ist der Aufwand? Will ich ihn High Concept drehen oder mit einer GH5 Digitalkamera? Welche Schauspieler haben Lust darauf? Hat der Film eine Daseinsberechtigung auf der großen Leinwand oder ist er eher etwas für TV, VOD oder gar Festivals? Es ist einfach wichtig, ohne rosarote Brille den Erfolg des Pakets möglichst einzuschätzen. Dann ist es reine Mathematik, was mehr Sinn macht.

Wo siehst du unsere Filmlandschaft in 5 Jahren?
Spannende Frage. Ich könnte nichtmal sagen, dass immer noch die gleichen Sachen laufen werden, die bereits so lange ziehen.
Man merkt jetzt schon deutliche Veränderungen. Hoffentlich mehr Genre im Kino, mehr mutige Nischenprojekte. Ich hoffe, dass das herkömmliche Kino noch stabil gegen Netflix & Co. besteht. Es sind große Potenziale da, die in einigen Jahren hoffentlich frischen Wind bringen.


Drehs in Hamburg 
Die schönste Stadt Deutschlands gibt ein herrliches Motiv ab – bald zu sehen in folgenden Produktionen:

Gut gegen Nordwind
Der gleichnamige Bestseller von Daniel Glattauer wird derzeit in Hamburg mit Nora Tschirner und Alexander Fehling verfilmt. Erwartet wird die romantische Komödie 2019/2020.

Honey In The Head
Til Schweigers Erfolg „Honig im Kopf“ bekommt ein englischsprachiges Remake. Zwei Wochen lang werden die Dreharbeiten mit Matt Dillon („Wayward Pines“) und Nick Nolte („Gangster Squad“) in Hamburg und Schleswig-Holstein zu Gast sein. Kinostart ist im ersten Halbjahr 2019.

Notruf Hafenkante
Der Langläufer unter den Vorabendserien! Von Februar bis November werden neue Folgen für die bereits 13. Staffel der Hafenpolizei gedreht. Das bekannteste Drehmotiv ist das Wasserschutzpolizeirevier an der Spitze der Kehrwieder-Insel, das in der Serie das „PK 21“ darstellt.

Text: Constantin Jacob
Fotos: Evita Fechner (2), Nashorn Filmhaus KG, Twentieth Century Fox (2), Boris Laewen

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