Wer beim Kellnern, im Call-Center oder beim Babysitten nicht gerade seinen Traumjob gefunden hat, könnte sich in der aufstrebenden Branche der E-Mobilität umsehen. Die smarten Tretroller, über die wir seit kurzem an jeder Straßenecke stolpern oder die aus irgendeinem Grund immer leeren Moia-Minibusse machen den Stadtverkehr umweltfreundlicher und sind deutlich günstiger als eine Taxifahrt. Damit das Geschäft der zahlreichen Anbieter rund läuft und wir zielsicher von A nach B kommen, müssen viele Hände kräftig mit anpacken – im Office und auf der Straße. Ein Nebenjob in einem innovativen, coolen Unternehmen, das die Welt verbessert – klingt erstmal fantastisch. Welche Jobs gibt es also in der Branche? Und lohnen sie sich überhaupt?
Die korallfarbigen Flitzer von Voi: Aus Schweden stehen in über 30 europäischen Städten – und es werden immer mehr.
- E-Taxi Driver
Wer mit einem E-Auto fahren will, könnte beispielsweise bei UberGreen oder dem VW-Tochterunternehmen Moia arbeiten. Dafür braucht man allerdings mehr als ein E-Mobil, einen Führerschein und freie Zeit zwischen Vorlesungen. Denn die gesetzlichen Vorgaben sind recht streng. Wer gewerbsmäßig Menschen von A nach B chauffieren möchte, benötigt einen Personenbeförderungsschein (P-Schein), mehrere medizinische Tests, einen Nachweis der Ortskenntnis und ein polizeiliches Führungszeugnis. Man sollte also mit Kosten von rund 200 Euro und einer Antragszeit von etwa drei Wochen rechnen. Zudem muss man sich als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer beim Finanzamt anmelden – denn in der Regel gibt es für Uber-Fahrer keine Festanstellung. Man arbeitet auf eigene Rechnung und eigenes Risiko. Ob sich dieser Aufwand lohnt, muss jeder für sich entscheiden.
Abgabefrei, stylish & fair: Moia beschäftigt festangestellte Mitarbeiter – und bezahlt sie ordentlich.
Bei Moia läuft es anders. Dort winkt den Fahrern eine Festanstellung sowie ein Stundenlohn von zwölf Euro brutto plus Schichtzulagen – allerdings ist man weniger frei in seiner Zeiteinteilung und muss auch zu Wochenendund Nachtschichten bereit sein. Vergleichsweise guter Verdienst erwartet diejenigen, die in den Semesterferien in Teilzeit oder Vollzeit arbeiten.
- Hunter, Charger, Birdwatcher, Juicer
Wer schon mal mit einem E-Scooter von einem der Sharing-Anbieter durch die Stadt geflitzt ist, hat sich bestimmt gefragt: Wer kümmert sich eigentlich darum, dass die Dinger immer aufgeladen sind? Ob bei Voi, Tier, Lime, Circ oder auch beim US-Unternehmen Bird – die Firmen brauchen Hilfe. Von Menschen, die die Scooter einsammeln, an die Steckdose hängen und wieder am richtigen Ort abstellen. Während diese Aufgaben bei Tier von professionellen Logistikfirmen übernommen werden, kann sich bei den anderen theoretisch jeder als „Hunter“ engagieren, wie der Job bei Voi heißt. Bei Bird heißen sie „Charger“ oder „Birdwatcher“, bei Lime nennt man sie „Juicer“, doch der Job, der sich hinter den hippen Begriffen verbirgt, ist immer ähnlich: Die App zeigt an, wo die E-Scooter gestrandet sind, die Saft brauchen. Ein „Juicer“ oder „Hunter“ holt sie ab, hängt sie bei sich zu Hause – oder an einem anderen Ort, an dem man Strom ziehen darf – an die Steckdose. Im Idealfall lädt man die Scooter über Nacht voll und bringt sie am nächsten Tag wieder dorthin, wo sie hingehören. Und hier kommt der Haken: Da man pro Scooter im Schnitt gerade mal rund vier Euro brutto verdient, ist man ohne einen geräumigen Transporter, in den zehn oder zwanzig Tretroller reinpassen, aufgeschmissen.
Den Sprit zahlt man natürlich selbst, ebenso wie den Strom. Und versteuern muss man das Ganze auch noch, wenn man die Einkommens-Freigrenzen überschreitet. Unter Umst.nden sind die Fahrten auch recht lang, was die Energiebilanz der als umweltfreundlich gelobten Fortbewegungsmittel deutlich schmälert, wenn man sie etwa mit einem Benziner oder Diesel durch die Gegend karrt. Stellt man den Aufwand und den Verdienst gegenüber, merkt man daher: Der Job als Juicer oder Hunter taugt wohl eher etwas für Phasen akuter Langeweile.
- Zukunftsperspektive im Backend
Die wirklich interessanten Studijobs finden sich bei fast allen E-Mobilität-Firmen aber nicht auf der Straße,sondern ganz klassisch im Büro. Ob Technik, Marketing, Human Resources, auch Studenten können aktiv mitarbeiten, Erfahrungen sammeln, Kontakte knüpfen. Voi bietet seinen studentischen Kräften außerdem einige Boni wie zusätzliche Urlaubstage, Langzeitverträge und freie Rollerfahrten im euroäischen Raum. Aber auch sonst können diese Jobs interessant sein, nicht nur, weil sie schon während des Studiums bezahlten Einblick in eine aufstrebende Branche geben, bei der man dann im besten Fall nach Abschluss des Studiums schon einen Fuß in der Tür hat.
Auch bei Moia werden Werkstudenten gesucht. Ausgeschrieben sind die Stellen, die je nach Tätigkeitsfeld unterschiedlich bezahlt werden, auf der Moia-Website sowie den einschl.gigen Jobb.rsen im Netz. Was muss man mitbringen, um sich dort zu bewerben? „Wer sich im Bachelor-Studiengang befindet, sammelt Bonuspunkte, wenn er bereits eine Ausbildung absolviert hat“, sagt Moia-Pressesprecher Christoph Ziegenmeyer. „Ansonsten ist ein erstes Praktikum hilfreich. Jeder Bewerber sollte Interesse am Thema Mobilität haben, über englische Sprachkenntnisse verfügen und gegenüber agilen Arbeitsmethoden aufgeschlossen sein. Dazu kommen weitere Anforderungen, die je nach Stellenausschreibungen variieren können.“
Ähnlich sieht es beim Fahrtenvermittler Free Now (früher MyTaxi) aus. „In den einzelnen Abteilungen arbeiten sowohl Praktikanten als auch Werkstudenten aktiv in unseren laufenden Projekten mit“, sagt PR-Manager Falk Sluga. „Junge Menschen, die ihre Ideen einbringen wollen, sind bei uns jederzeit herzlich willkommen – auch mit Initiativbewerbungen.“
Text: Natalia Sadovnik
Fotos: Voi (2), Moia (1),
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