Wer kennt es nicht — Ihr wollt euch auf einen neuen (Neben-) Job bewerben und die Herausforderung beginnt bereits damit, dass ihr euren überholten Lebenslauf aus den Tiefen der Festplatte hervorkramen müsst. Und dann heißt es: Aufpimpen. Oder zumindest, die richtigen Stellen verschönern. Besonders soll es sein, passgenau und gut durchdacht. Gerade in Zeiten, in denen die berufliche Selbstverwirklichung immer wichtiger zu werden scheint, haben wir als Berufsanfänger immer häufiger das Gefühl unser Lebenslauf sollte nur das Beste aus unserem Bildungs- und Berufswerdegang beinhalten. Lücken, Unstimmigkeiten oder gar abgebrochene Wege sind doch eher ein absolutes No-Go. Oder? Das sagen unsere Experten:
DIE LÜCKE
Nicht unbedingt, so Karriereexpertin Maja Skubella von der Hamburger Beratungsstelle Karriere und Entwicklung. Lücken kann man heutzutage auch sehr gut verkaufen.
„Bei einem Lebenslauf geht es immer in erster Linie darum, die Person dahinter besser kennenzulernen. Wenn eine sogenannte Lücke den Bewerber zu dem gemacht hat, was er heute ist, kann das durchaus auch ein Pluspunkt sein." (Maja Skubella)
Ein gutes Beispiel dafür ist Nick Martin (Foto: s.o.). Er war früher als IT-Systemkaufmann tätig, bevor er sechs Jahre um die Welt reiste. Auh er kennt den Druck, der aktuell auf unserer Generation lastet. Er machte eine sechsjährige Weltreise, die er heute nicht als Karriere-Killer sondern Chance sieht. Momentan bereist er mit seinem Programm „6 Jahre Weltreise – Die geilste Lücke im Lebenslauf“ ganz Deutschland und ermutigt dazu, auch unkonventionelle Wege einzuschlagen. Er meint: „Mit der Zeit lernt man, dass es eigentlich nur darum geht glücklich zu sein und dass es keine wirkliche Lücke im Lebenslauf gibt.“
Auch Berufsberaterin Hanae Tominaga von der Agentur Karrierefüchse aus Hamburg verdeutlicht, dass es darum geht, zu zeigen, was wir während der angeblichen Lücke gelernt haben, das eigentlich ganz nützlich sein könnte? Networking beim Work&Travel in Australien? Oder Kochen während der Zeit als Au-Pair in Paris?
„Bei Lücken sollte man sich immer überlegen, inwiefern diese Erfahrungen und Erlebnisse für den neuen Beruf von Bedeutung sein könnten." (Hanae Tominaga)
DIE DARSTELLUNGSFORM
Auch die Darstellungsform des Lebenslaufs passt sich immer wieder aktuellen Trends an. So setzen Unternehmen in den USA und in England beispielsweise schon seit längerem auf einen anonymisierten Lebenslauf ohne Bewerbungsfoto und auch in Deutschland ist bei großen Unternehmen innerhalb des Online-Bewerbungsformulars häufig kein Bild mehr nötig.
Ein weiterer Trend: Die Auswahl der Mitarbeiter durch automatische und digitalisierte Prozesse. Immer mehr Bewerbungen laufen nur noch über Online-Stellenportale ab. Und dabei werden neben den Eckdaten gleich noch Fähigkeiten wie Multitasking oder Risikobereitschaft getestet. Der Hamburger Konzern Unilever tut dies zum Beispiel mit Hilfe von Online-Spielen während der Bewerbungsphase.
Einen klassischen Lebenslauf scheinen nur noch wenige zu brauchen. In Zeiten, in denen WhatsApp und Instagram eine Nachrichtenflut bedingen, will auch die Personalabteilung eines Unternehmens nur noch die harten Fakten. Karriereberaterin Skubella sagt: „Kein Personaler möchte sich durch einen Haufen Informationen arbeiten müssen, um an den wichtigen Kern zu kommen."
Auch die freue Kommunikationstrainerin Meike Runschke aus Hamburg macht den Spagat in diesem Zusammenhang deutlich:
„Einerseits muss man sich als Bewerber an die vorgegebenen Standards halten und auf der anderen Seite durch Besonderheiten im Gedächtnis bleiben." (Meike Runschke)
Wenn wir also nicht mehr mit unserem guten, soliden Bildungsweg punkten können, dann eben durch unser Engagement, durch unser Hobby oder unsere Inspirationsquelle. Während es früher in erster Linie um Leistung, Noten und viele Punkte auf dem Lebenslauf ging, können wir heute durch den besonderen Twist, die spannende Kante oder eine beeindruckende Passion im Gedächtnis bleiben – und überzeugen.
DAS STATEMENT
Ein Hilfsmittel, dass sich in den letzten Jahren als weiterer Trend etablieren konnte: das Mission-Statement. Ein kurzer Satz, meist direkt auf der ersten Seite des Lebenslaufs, der uns als Bewerber sowie unsere Inspiration und unsere Talente perfekt widerspiegelt.
Die Unternehmen von heute suchen junge Leute mit ihrer eigenen Geschichte.
Die es schaffen ihren Unique Selling Point herauszuarbeiten und diesen auch verkaufen können. Die deutlich machen, dass sie perfekt auf diese Stellen passen – alles mitbringen was nötig ist und bereit sind den Rest zu lernen.
Fraglich ist also, wie lange es den klassischen Lebenslauf, der so häufig über Zustimmung oder Ablehnung entscheidet, überhaupt noch geben wird. Der Trend geht eindeutig in Richtung Bewerbermasken, Online-Formulare und interne Fähigkeitstests, bestätigen auch die Experten.
Und falls es darüber hinaus noch Fragen geben sollte, checken Personaler einfach unsere Profile auf Facebook, Twitter, Instagram, Xing oder Linked-In. Denn welcher Lebenslauf könnte ehrlicher sein..
Text: Laura Bähr
Fotos: Möllenhoff (1), Würtemberger/Studio 17 (1), Torz (1), Bridgehouse (1)
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