Schnauzer, 3-Tage- oder Vollbart – Mann lässt wieder wachsen. Seit gut drei Jahren hält die neue Welle des Barttrends mittlerweile an und in immer mehr Männergesichtern wird es haarig. Aber egal ob Trend oder Typveränderung, wenn Mann sich für einen Bart entscheidet, sollte er ihn auch richtig pflegen.
Bartwuchs an sich gibt es natürlich schon, seitdem es Männer in der Pubertät gibt und so hatten wir irgendwann immer schon mal Männer mit Bärten um uns herum – vom leichten Flaum bis Rauschebart. In der Vergangenheit verstanden wir Bart aber meistens eher als wilde Gesichtsmatte und ordneten diese eher Metallern, Motorradfahrern oder dem Weihnachtsmann zu als hippen Boys. Der Bart galt irgendwie als Altherrenaccessoire oder Markenzeichen für richtig harte Kerle.
Doch genau wie bei einem Trendprodukt, unterliegt auch der Bart seit Jahren der Mode. Waren bei den Hippies in den 70ern noch wilde Vollbärte angesagt, standen die 80er im Zeichen des Schnurrbarts aka Pornobalken, in den 90ern wurde glattrasiert und in den 2000ern wurde der 3-Tage-Bart zum sexy Accessoire. Mode wiederholt sich bekanntermaßen immer wieder und seit ein paar Jahren finden offenbar sämtliche Bartrevivals in den Gesichtern der Männer statt. Egal ob bei Musikern wie Marteria, Schauspieler Ryan Gosling oder im privaten Freundeskreis – es sprießt.
Die ersten Bartträger in Hipstermontur haben wir damals in der Schanze gespottet, heute trägt gefühlt jeder zweite Hamburger einen. Die Bartformen sind dabei so unterschiedlich wie ihre Träger – und diese manchmal mit Bart kaum wiederzuerkennen.
Der Kumpel mit Milchbubigesicht wird mit Vollbart plötzlich zum kernigen Holzfällertypen, der langweilige Arbeitskollege bekommt durch seinen Schnurrbart auf einmal einen extravaganten Look und 3-Tage-Bärte haben seit jeher den Ruf, die Typen irgendwie sexy zu machen. Nichts lässt einen Mann wohl schnell so anders aussehen als ein Bart. Oder auch Frau – wir erinnern uns an Conchita Wurst.
Bart, aber herzlich
Egal welcher Barttyp ihr seid, wenn ihr lange Spaß an eurem haarigen Gefährten haben wollt, solltet ihr euch auch eine gewisse Bad-Bart-Routine zulegen. Denn auf Robinson-Crusoe-Looks und juckende Felle im Gesicht können wir gut verzichten. Nichts gegen’s gepflegte Gehenlassen, aber verfilzte Zottelbärte und stoppeliger Wildwuchs sehen dann doch eher ungepflegt statt stylisch aus.
In Städten wie London oder Szene-Vierteln wie Brooklyn in New York geht der trendbewusste Bärtige von heute deshalb seit ein paar Jahren in den Barbershop, um sein Äußeres zu pflegen. Was früher also mal Barbiersalon hieß und heute eher an 50er-Jahre-Spießigkeit erinnert, heißt jetzt Barbershop und ist hip. Alteingesessene Herrenfriseure gibt es in Hamburg mehr als genug, gegen die wirken die neuen Barbershops, aber offener, moderner und freundlicher.
Einer von ihnen ist der Herrengut Barbershop in St. Pauli, der im August letzten Jahres eröffnet hat. Von außen eher schlicht und unscheinbar, erwartet euch drinnen ein ziemlich stylischer Herrensalon. Dunkler Holzfußboden, Friseurstühle mit schwarzem Leder im Retrostyle, riesengroße Spiegel an den hohen Altbauwänden. Trotz Hipster-Interieur herrscht hier eine äußerst entspannte Stimmung, es wird fröhlich geschnackt und beim Reinkommen gibt’s gleich ein Bierchen for free auf die Hand. Vom St. Pauli-Altrocker bis zum Businessman, die Kundschaft im Herrengut ist so bunt gemischt wie das Viertel selbst.
Besonders sympathisch: Im Gegensatz zu vielen traditionellen Barbershops gehört hier nicht nur eine Barbierin mit zum Team, sondern auch weibliche Begleiterinnen sind herzlich willkommen. „Frauen sind eh meistens die Impulsgeber“, sagt Inhaber Thorsten Schwermer. „Die schenken ihren Männern Gutscheine oder machen für sie Termine aus, damit wir uns dann hier um sie kümmern!“
Das Team: In den besten Händen im Herrengut
Um die wartenden Ladies kümmert sich dann Thorsten, der immer für einen flotten Plausch zu haben ist, während Mann sich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Friseurstuhl unters Messer legt. „Es gehört schon was dazu, jemand völlig Fremdes mit einer scharfen Klinge an deine Kehle zu lassen, aber hier habe ich vollstes Vertrauen“, so Kunde Matthias.
Die Leistungen eines Barbershops werden von immer mehr Männern geschätzt, besonders von denen, die sich nie hätten vorstellen können, was das überhaupt ist. „Wir hatten hier schon Jungs, die den Laden skeptisch und ohne jegliche Idee betreten und ihn dann päter begeistert über den eigenen Look wieder verlassen haben“, erzählt Thorsten. Der Hamburger ist selbst übrigens kein Friseur. Er hat vor der Herrengut-Eröffnung jahrelang in der Marktforschung gearbeitet und irgendwann festgestellt, dass es keine vernünftigen, modernen Barbershops in der Stadt gibt. Also hat er sich ein ein Team aus mehreren Friseuren und Friseurmeistern aufgebaut und es selbst gemacht.
Vier Plätze bietet der kleine Laden und die sind fast immer ausgebucht. Gut eine Woche im Voraus solltet ihr hier einen Termin ausmachen. Das spricht für Thorsten und sein Team. Geboten wird Männern hier das reinste Pflegeparadies. Neben Nassrasur, Bart Trim oder Konturenrasur werden hier natürlich auch Haare geschnitten und sogar Augenbrauenpflege und Maniküre angeboten.
Barttest: UNISCENE Autorin Lisa mit Herrengut-Inhaber Thorsten. In seinem Laden auf St. Pauli gehört nicht nur eine Frau zum Team – auch weibliche Begleiterinnen sind hier mehr als willkommen!
Bartpflege Made in Hamburg
Mag sein, dass Pflege für den Mann lange Zeit als weiblich, metrosexuell oder weich galt – das war immer schon Schwachsinn und wird zum Glück jetzt endlich aufgehoben. Genau wie Bärte nicht mehr das Statussymbol für „harte Kerle“ sein müssen, was auch immer damit überhaupt gemeint ist. Heute lautet das Motto Bart aber Herzlich. Jeder der Bock auf Bart hat, sollte es ausprobieren und jeder der einen trägt, sich trauen diesen gut zu pflegen. Denn dann sieht das haarige Accessoire nicht nur gut aus, sondern fühlt sich auch dauerhaft so an!
Pflege für den Mann von heute haben sich auch die Hamburger Felix, Viktor und Jonas auf die Fahne geschrieben. Die Drei sind selbst keine Friseure oder gelernte Kosmetiker – ihnen kam die Idee zu einer Pflegeserie für Männer bei ihrem Studienaufenthalt in New York. Damals lebten sie in Brooklyn und ließen sich dort von der Bartkultur im Hipsterstadtteil inspirieren. Der Name ihrer Produkte lautet deshalb: Brooklyn Soap Company.
Zusammen mit einer Braunschweiger Biologin entwickelten die Boys ihre komplett pflanzlich hergestellten Produkte wie Bartshampoos, Öle oder Balsame, die sie heute von Winterhude aus in einem Onlineshop nach ganz Europa verkaufen. Zu verdanken haben sie ihren Erfolg auch immer mehr männlichen Bloggern oder Influencern, die ihre Produkte testen und bewerben – und ihren Bart in Szene setzen.
Der Hashtag #bart hat bei Instagram mehr als eine Million Einträge, Blogs wie „Mein Vollbart“ oder „Blackbeards“ widmen sich voll und ganz der Gesichtsfrisur und tragen damit dazu bei, dass immer mehr Männer sich einen Bart stehen lassen aber auch zu dem Bewusstsein, dass Pflege eben auch ein echtes Männerding ist.
Tipps und Tricks zur richtigen Bart-Pflege findet ihr hier!
Text: Lisa Matthiesen
Fotos: Warnicke
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