Fast laufe ich daran vorbei, so unscheinbar wirkt die Tür aus dicken Brettern, an der ich kräftig ziehen muss, um hineinzukommen. Die Anstrengung lohnt. Dahinter klappert Geschirr, lachen Kinder, schwirren Stimmen durcheinander. In der Alpenkantine an der Osterstraße rückt Eimsbüttel eng zusammen, ist schnell auf Du und Du miteinander.
„Reinkommen, Aussuchen und gleich Bekommen“, so wünscht sich Nicole Conrad das Tempo in ihrer Boutique des Herzhaften und Süßen. Die groben Bänke mit den alten Garten- oder Grundschulstühlen teilen sich den Raum mit einem bunt gefüllten Tresen, der an einen alten Kolonialwarenladen erinnert und auf einem Betonsockel thront. Auch die Wände sind aus Beton und Worte und Geräusche knallen wie Pingpong-Bälle von Seite zu Seite. Langes Sitzen ist hier nicht geplant. Hier serviert sie jedem seinen Kick für den Tag.
Die 45-Jährige hat Jura studiert, im Call-Center und Hotels gearbeitet und lebt sich seit rund zehn Jahren als Gastronomin aus – zuerst einige Jahre im Juli am Schulterblatt. Danach wollte eine neue Heimat für leckere Kleinigkeiten schaffen. „Immer wenn ich in Hamburg etwas zwischendurch essen wollte, bin ich letztendlich frustriert beim Käsebrötchen gelandet“, klagt sie.
Mit der Alpenkantine wertet sie jetzt den Mittagstisch und die Zwischenmahlzeit auf. „Die Alpen sind eigentlich nur der rote Faden meines Gastro-Konzepts“, sagt die gebürtige Bremerin. „Mich fasziniert, dass der Alpenraum eine sehr vielfältige Arme-Leute-Küche bietet. Semmelknödel sind nicht mehr als Brotreste, Eier, Mehl und Milch – mit Fleisch und einfachen Zutaten wie Parmesan und Kräutern ist daraus viel zu machen.“
Mein Wildschweingulasch mit Preiselbeeren und Schupfnudeln liegt mit 12,90 Euro deutlich über einem normalen Mittagstisch – geschmacklich aber eine glatte Eins. Die Blätterteigtarte mit Apfelscheiben und Hirtenkäse ist trotz 4,50 Euro ein Muss. Diese herzhaften Törtchen sind allein schon ein triftiger Grund zum Hingehen. Neben Fleischgerichten pflegt Susanne Konrad die Pasta-Küche, Vegetarisches bleibt eher außen vor, auf Bio legt sie wenig Wert. „Bio ist eine Preisfrage“, sagt sie. „Die Kantine soll aber bezahlbar bleiben für möglichst viele Menschen.“ Der Mittagstisch beginnt deshalb bei erschwinglichen 8,90 Euro. Eine Stulle gibt’s auch, zum Beispiel mit Schwarzwälder Schinken und zwei Eiern. 6,50 Euro sind okay.
Das Pikante und Herzhaftes lockt mich aber genauso hierher wie der Sündenpfuhl aus Süßem: Linzer Torte, Mohn- oder glasierter Karottenkuchen, Schokoladentartes für 3 bis 5 Euro – wer da noch Kalorien zählt, ist eine Spaßbremse. Die Alpenkantine liegt direkt an der U-Bahn-Haltestelle Osterstraße – von der Uni aus also nur ein Katzensprung für den Happen Abwechslung.
Alpenkantine Osterstr. 98 (Eimsbüttel), W: alpenkantine.de. Ö: Mo-Mi & Sa 10-20 h, Do-Fr 10-22 h, So 11-18 h.
Kanäle