JOMO
Dein Song „Uns gehört der Hafen“ ist eine Liebeserklärung an Hamburg. Welche Lieblingsorte hast du hier noch?
Ich mag die kleinen Kneipen und Bars abseits der großen Straßen auf St. Pauli, der Schanze und Altona. Das Lomo in der Juliusstraße ist meine Stammkneipe, weil es dort nicht so übertrieben cool und hip ist. Wenn ich feiern gehe, lande ich meist im Kleinen Donner. Gegenüber ist die Daniela Bar, wo man auch dienstags um 4 Uhr noch einen Schnaps bekommt.
Für Herbst 2017 ist der Release deines Debüt- albums geplant. Gibt es „Überraschungen“, wie besondere Features oder neue Sounds? Meine erste Single „Uns gehört der Hafen“ hat einen sehr elektronischen Sound. Auf dem Album werden wieder mehr echte Instrumente zu hören sein. Das Ganze wird ein Mix aus modernen Beats, akustischen Bandaufnahmen und Sample-Ästhetik. Es wird auch einige großartige Features geben, die ich über- trieben feier, aber noch nicht verrate. Außerdem war ich im letzten Jahr auf Reisen in Indien. Eine Menge kultureller Lebensweisheiten, die ich dort kennen- gelernt habe, haben Einfluss auf meine Songs und Texte genommen.
JOMO steht für Joy Of Missing Out. Wie ernst nimmst du diese gelassene Philosophie selbst?
Ich bin jahrelang einen sehr extremen Lebensstil gefahren, mit viel Stress, Party und einer ungewissen Perspektive. Genau diese Zeit meines Lebens verarbeite ich in den Texten meines Albums. Letztlich habe ich immer noch Stress und gehe auf Partys – aber ich habe gelernt etwas besser auf mich aufzupassen und einen Weg gefunden, alles unter einen Hut zu bekommen: Einfach nicht mehr alles auf einmal machen, und schon machst du alles was du tust besser und kannst nachts schlafen.
Du hast im letzten Jahr ein Akustik- Konzert gespielt, warst aber auch auf Festivals dabei. Wird dein erstes HH- Konzert 2017 eher „die große Show“ oder ein intimer Auftritt?
Die Show wird ein Mix aus beidem. Ich finde, ein gutes Clubkonzert muss bombastisch sein – laut und intensiv. Totzdem ist es sehr intim, weil man dem Publikum viel näher ist, als bei einem Festival-Gig. Wer mich und meine Band schon einmal live gesehen hat, weiß, dass es uns wichtig ist, ein abwechslungsreiches und dynamisches Set zu spielen. Wir versuchen immer die Party eines Rap-Konzerts und die Energie einer guten Rock-Show miteinander zu verbinden. Live spielen ist das Größte für mich, deshalb steck ich in jedes Konzert viel Energie.
Sa., 25.2., 20 h, Molotow, Nobistor 14 (St. Pauli), 17 €
- RHONDA
Milo, du bist quasi spontan zur Frontfrau der Band geworden, nachdem du lange Solokünstlerin und dann zunächst Bassistin warst. War diese Position anfangs schwierig für dich?
Bei mir ist es so, dass ich schon immer gesungen habe und auch schon immer mehr Sängerin war, als alles andere. Aber ich bin nicht der typische Frontfrau- oder Entertainer-Typ. Ich wollte nichts mehr machen als Musik und habe diese Aufmerksamkeit gar nicht gebraucht. Durch Rhonda wurde ich dann einfach in diese Rolle hineingeschmissen. Dadurch bin ich aber dahin gekommen, wo ich hingehöre, nämlich auf die Bühne. Die letz- ten Jahre haben viel verändert und ich konnte besser in diese Rolle reinwachsen.
Für jemanden, der weder eure erste Platte kennt, noch auf einem Konzert von euch war: Wie würdest du eure Musik beschreiben?
Ich würde sagen, sie ist eine Mischung aus Sixties Soul und Filmmusik. Wir haben positive Songs, die absolut tanzbar sind, aber auch düstere, beinahe schon brachiale Lieder.
Ihr habt gerade euer zweites Album veröffentlicht. Bleibt ihr eurem Stil treu oder wagt ihr Neues?
Also „Wire“ ist auf jeden Fall eine Platte, auf der unsere „filmische“ und düstere Seite ein bisschen mehr rauskommt – was auch der Wunsch von uns allen war, da
dieser Teil auf unserem Debüt „Raw Love“ etwas kürzer kam. Das neue Album ist allgemein gereifter, wir spielen länger zusammen, haben unseren Weg gefunden. Im Großen und Ganzen würde ich daher sagen, dass der Stil zwar verändert ist, die Bandbreite aber noch groß und die Rhonda-Handschrift zu finden ist.
Ihr habt schon Konzerte mit den unterschiedlichsten Musikern gespielt, wie den deutschen Punkrockern von Turbostaat oder der Britpop- und Mod-Legende Paul Weller. Mit welchen Idolen würdest du so generell gerne mal auf der Bühne stehen?
Das ist eine schwierige Frage, weil mein Musikgeschmack sehr breit gefächert ist. Die meisten Künstler, mit denen ich gerne auf der Bühne stehen würde, leben nicht mehr – das wären beispielsweise Prince oder die Band MC5. Aber man soll ja nicht nur in der Vergangenheit leben. Mich würde es zum Beispiel gesanglich interessieren, mit Musikern des Indie-Labels Daptone Records aus Brooklyn zusammenzuarbeiten. Ich steh eigentlich auf alles, was bei diesem auf Soul und Funk spezialisierten Label rauskommt! Insgesamt bleibe ich einfach gespannt, was da noch auf mich und uns zukommt oder wen man noch so kennenlernt. Die Musikszene ist gut vernetzt und daraus ergeben sich gerne mal Kollaborationen!
Du selbst lebst schon lange in Hamburg und hast auf einem Konzert im Dezember 2015 mal gesagt, „dass wir uns nächste Woche dann alle wieder zufällig im Supermarkt treffen". Ist es denn für euch immer noch etwas Besonderes in Hamburg aufzutreten – so als Heimspiel?
Konzerte in Hamburg sind auf jeden Fall immer außergewöhnlicher als in anderen Städten. Weil man hier wohnt und so viel mit der Stadt verbindet, nach dem Konzert in seinem eigenen Bett schläft und im Publikum öfter bekannte Gesichter erkennt. Wir spielen dann ja auch in Clubs, in denen wir sonst privat unterwegs sind. Hamburg ist gefühlt einfach wahnsinnig süß zu uns und hat unsere Karriere gepushed und immer hinter uns gestanden. Dadurch ist es im- mer ein sehr familiäres Gefühl hier zu spielen – das ist wahnsinnig schön!
Fr., 17.3., 20 h, Fabrik, Barnerstr. 36 (Ottensen), 21 €
- SCHROTTGRENZE
Einige können sich vielleicht noch erinnern, wie sie vor 15 Jahren in abgerock- ten Kellerclubs zu den ersten Konzerten der Band aus Peine feierten! Dann gönnten sich die Wahl-Hamburger erstmal ein Päuschen, um 2015 ihr Comeback anzukündigen. Und das hat es mit „Glitzer auf Beton“ in sich. Das Album thematisiert neue Hamburg-Geschichten und das Ausloten der Grenzen der Geschlechterkonstruktion – wie Sänger Alex Tsitsigias es selbst mit seinem Alter Ego Saskia Lavaux in der queeren Party-Szene tut. Es erwarten euch neben jeder Menge Glitzer gute Texte und starke Mitsingrefrains.
Fr., 10.3., 20 h, Molotow, Nobistor 14 (St. Pauli), 17 €
- SCHNIPO SCHRANKE
Feminismus next Level! Auch wenn die Songs und Texte des Frauen-Duos mit Namen wie „Pisse“ oder „Pimmelreiter“ obszön klingen, merkt man schnell, dass es
hier um mehr geht. Um die herrlich-bittere Ironie des Lebens, um die unrealistische Wahr- heit und vermeintlich verbotene Sehnsüchte. Verpackt wird das Ganze in DIY-Indie-Pop. Auch auf der Bühne sind Daniela Reis und Fritzi Ernst ein Garant für eine schräge Show zwischen Provokation und Ernsthaftigkeit, wobei die beiden studierten Musikerinnen auf der Bühne gekonnt zwischen verschiedenen Instrumenten wechseln.
Sa., 18.3., 20.15 h, Uebel & Gefährlich, Feldstr. 66 (St. Pauli), 21
DIAZPORA
Bei diesem Konzert erwartet euch kreativer Großstadt-Grove, gepaart mit für die Szene untypischen an Schlager erinnernden Outfits! Das Hamburger Kollektiv sorgt seit 2002 mit seiner Mischung aus Funk, Soul, Jazz und Hip-Hop für gute Stimmung und so einige Schweißtrop- fen – kein Wunder, dass viele Künstler, wie Samy Deluxe oder Nils Landgren, gern mit ihnen zusammenarbeiten. Die verschiedenen Blasinstrumente setzt Diazpora in kreativen Songs mit wilder Virtuosität und Impro-Power gekonnt in Szene und zeigt, dass sie sowohl als Studiomusiker als auch auf der Bühne mitreißen können.
Sa., 11.2., 19 Uhr, Mojo Club, Reeperbahn 1 (St. Pauli), 17 €
Text: Giuliana Jacobi, Lesley-Ann Jahn, Ivan De Vincenzi
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