Bunte Neonreklamen, Bars, Clubs, Schnapsdrosseln und leichte Mädchen – das sind die Bilder, die die meisten Menschen mit St. Pauli verbinden. Doch St. Pauli ist nicht nur Rotlicht- und Vergnügungsviertel. Bei Tageslicht wird es zum ganz gewöhnlichen und wenig spektakulären Wohn- und Arbeitsort. Um die Menschen, die hier ihren Alltag verbringen, dreht sich auch Jens Eisels Debüt „Hafenlichter“. In den gesammelten Kurzgeschichten stellt der Autor Protagonisten in den Fokus, deren Schicksal in irgendeiner Weise mit St. Pauli verbunden ist oder sich hier entscheidet.
Du kommst eigentlich aus Neunkirchen im Saarland. Seit wann lebst Du in Hamburg und warum?
Ich bin vor dreizehn Jahren hergezogen. Für mich war schon früh klar, dass ich in einer größeren Stadt leben will und Hamburg hat mir immer am besten gefallen. Bevor ich hergezogen bin, habe ich viel Musik gemacht und in verschiedenen Punk- und Hardrockbands gespielt. Wir sind viel durch Deutschland getourt und waren auch oft in Hamburg. Dadurch habe ich die Stadt kennengelernt und mich dann dazu entschlossen zu bleiben. Warum genau, kann ich gar nicht wirklich sagen. Ich denke, das hängt mit dieser Hafenmentalität zusammen, die Hamburg ja immer noch hat. Außerdem finde ich, dass Hamburg eine sehr liberale Stadt ist. Das gefällt mir!
Hast Du deswegen auch Dein literarisches Debüt „Hafenlichter“ der Stadt Hamburg gewidmet? Ist das eine Art Liebeserklärung?
Ja, das kann man so sagen. Mir war von Anfang an klar, dass mein erstes Buch thematisch mit St. Pauli zu tun haben soll. Und weil ich ein großer Fan von amerikanischen Short Stories bin, ist „Hafenlichter“ nun ein Band von Kurzgeschichten in diesem Stil geworden.
Warum St. Pauli? Was verbindet Dich mit dem Stadtteil?
Als ich 2001 nach Hamburg gezogen bin, habe ich in St. Pauli gelebt. Tagsüber habe ich als Pfleger bei der Diakonie gearbeitet, abends war ich viel in den Kneipen unterwegs. St. Pauli war also mein Umfeld. Im Laufe der Jahre habe ich auch alle möglichen Veränderungen mitbekommen. Und bei meinem Job als Pfleger habe ich oft alte Seemänner betreut, die mir dann spannende Geschichten von ganz früher erzählt haben. Bei „Hafenlichter“ war es mir wichtig, diesen Wandel im Laufe der Zeit – also das alte und das neue St. Pauli –, darzustellen.
Worum genau geht es denn in „Hafenlichter“ und was verbindet die einzelnen Geschichten?
Die Geschichten sind vom Stil her alle ähnlich. Sie sind sehr einfach geschrieben und haben den gleichen Rhythmus – das fand ich wichtig. Auch einige Motive tauchen immer wieder auf, zum Beispiel eine bestimmte Kneipe und der Hafen. Inhaltlich geht es um Umbruchsituationen: Für die Hauptfigur öffnet sich eine Tür, durch die sie hindurchgeht oder auch nicht. Diese Situationen können sehr alltäglich erscheinen, haben aber einen großen Einfluss auf das Leben der Figur.
Mit der Kurzgeschichte „Glück“ hast Du letztes Jahr den Berliner Literaturwettbewerb „Open Mike“ gewonnen – worum geht es da?
Die Geschichte, die ja auch in „Hafenlichter“ enthalten ist, erzählt von einem bosnischen Einwanderer, der in den Hamburger Casinos und Wettbüros nach seinem Glück sucht. Er wird spielsüchtig und gewinnt dann plötzlich eine Menge Geld.
Arbeitest Du schon an etwas Neuem?
Ja, ich will als nächstes einen Roman schreiben. Aber da bin ich erst in der Planungsphase, fest steht nur, dass er auch in Hamburg spielen wird.
Jens Eisel: „Hafenlichter“
Kurzgeschichten Seitdem der gebürtige Saarländer als Jugendlicher J. D. Salingers „Fänger im Roggen“ gelesen hat, ist er der Literatur verfallen. Der mittlerweile in Hamburg lebende Autor hat letztes Jahr den Berliner Literaturwettbewerb für Nachwuchsautoren „Open Mike“ gewonnen, jetzt folgt seine erste Veröffentlichung – ein Sammelband von Short Stories, die alle in St. Pauli spielen. Mal geht es um einen LKW-Fahrer, der seine Tochter jahrelang nicht gesehen hat und nach ihr sucht, mal um einen Pfleger, der einen Roadtrip mit seinem Patienten unternimmt. Die Geschichten beschäftigen sich mit schicksalhaften Entscheidungen und sind wunderbar leicht geschrieben. Ein echter Lesegenuss!
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