Hannah, sich per Video bei einer Firma zu bewerben, ist immer noch eher unorthodox. Wieso rätst du unseren Leser*innen trotzdem dazu?
Obwohl wir eine YouTube-Agentur sind und unser Schwerpunkt Video ist, bewerben sich bei uns nur ein Bruchteil der Leute mit einem Vorstellungsvideo. Die stechen dann jedoch automatisch heraus und haben definitiv erstmal einen kleinen Bonus. Zum einen, weil sie zeigen, dass sie sich individuell mit dem Unternehmen, in dem sie arbeiten wollen, beschäftigt haben. Zum anderen, weil sie mehr Aufwand betreiben als ihre Mitbewerber*innen. Ich persönliche finde Videobewerbungen sehr empfehlenswert, weil man sich dadurch einen viel besseren ersten Eindruck von der Person verschaffen kann.
Wie sollte so ein Video aussehen? Einfach Handykamera an und los?
Wie das Bewerbungsvideo gestaltet werden sollte, kommt natürlich immer darauf an, für welchen Job man sich bewirbt und bei welchem Unternehmen man arbeiten möchte. Bewirbt man sich beispielsweise als Editor*in bei uns, dann freuen wir uns besonders, wenn die Person in ihrem Bewerbungsvideo schon etwas von ihren Schnitt-Skills zeigt. Inhaltlich finde ich es schön, ein wenig über die Person zu erfahren – nicht nur in Bezug auf die Arbeitserfahrung, sondern gerne auch etwas Persönliches. Dabei ist es wichtig, das richtige Feeling des Unternehmens in dem Bewerbungsvideo zu treffen. Wenn wir beispielsweise in einem Video sehr förmlich angesprochen werden, dann habe ich das Gefühl, dass sich die Person nicht einmal fünf Minuten unsere Homepage angeschaut hat. Bei uns darf das gerne lockerer sein.
Und nun zu den technischen Details: Das Video kann sehr gut mit dem Handy gedreht werden. Wichtiger als die Technik sind, neben dem Inhalt, das Licht und der Hintergrund. Am besten setzt man sich an ein Fenster, um das natürliche Licht von draußen zu bekommen (nur nicht so, dass man gegen die Sonne schauen muss), und sorgt für einen cleanen Hintergrund. Dann kann es auch schon losgehen.
Welche weiteren Bewerbungstipps hast du als erfolgreiche YouTube Expertin für unsere jungen Leser*innen?
Das Wichtigste ist, dass ihr euch selber treu bleibt, ihr selbst und vor allem selbstbewusst seid. Die Menschen in den Unternehmen möchten euch genauso kennenlernen, wie ihr seid. Um das Thema Selbstbewusstsein und Body Positivity geht es seit Jahren verstärkt auf meinen Kanälen. Macht vorher ein paar Atemübungen, setzt oder stellt euch gerade hin und nicht vergessen: lächeln!
Du hast deine Videokompetenz zur Gründung einer eigenen Agentur genutzt. Welche Kompetenzen haben junge YouTuber heute, die auch zukünftig bei potentiellen Arbeitgebern gefragt sein werden?
Youtuber haben in der Regel einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem sie sich alles selber beibringen: vom Skript, Licht, Ton, Regie über die Kamera bis hin zur Postproduktion, Community Management und Auswertung der Daten. Die Prozesse bei YouTube verändern sich ständig. Wer hier die Fähigkeit hat, sich den Veränderung anzupassen, mitzugehen und sich in neue Bereich einzudenken, hat schon einen klaren Vorteil. Hinzu kommt, dass Video als Medium auch in den nächsten Jahren weiterhin sehr gefragt bleibt – unabhängig davon, auf welcher Plattform.
Könnte man sagen: Du hast dein Hobby zum Beruf gemacht?
Ja, das kann man wirklich so sagen. Ich wollte immer etwas machen, was für Abwechslung sorgt. Das habe ich mit dieser Konstellation definitiv – sei es als Youtuberin vor der Kamera in verschiedenen Formaten, in der Konzeption dahinter, als Geschäftsführerin oder als Coach. Diese Leidenschaft, die ich für YouTube habe, auch in meine eigene Agentur stecken zu können, ist wirklich wertvoll.
Viele junge Menschen wünschen sich, mit Social Media Geld zu verdienen. Wie viel harte Arbeit steckt aber tatsächlich dahinter? Wie sieht dein Arbeitsalltag so aus?
Es steckt wirklich sehr viel Arbeit steckt dahinter und man braucht einen langen Atem. Es kommt natürlich ganz darauf an, welches Ziel man verfolgt. Wir wollten uns gerne etwas Nachhaltigeres und mehrere Standbeine aufbauen und das ist mit viel Arbeit verbunden.
Ich kann keinen klassischen Arbeitsalltag beschreiben, da wirklich jeder Tag anders aussieht. Ganz grob: Wenn ich im Büro bin, dann sind die Tage vollgepackt mit Teammeetings oder mit Gesprächen mit meinen beiden Geschäftspartnern. An zwei bis drei Tagen die Woche bin ich auf Drehs, entweder auswärts oder in einem unserer Studios. Und dann habe ich noch einen Coachingtag in der Woche, an dem ich mit meinen Klient*innen arbeite. Also immer neuer Input.
ZUR PERSON
Hannah Kaiser ist Geschäftsführerin von Klein aber, einer bekannten deutschen YouTube-Agentur und Coach für Persönlichkeitsentwicklung. Mit ihren beiden YouTube-Kanälen „Klein aber Hannah” und „Klein aber lecker” versammelt sie regelmäßig mehr als 400.000 Abonnenten vor dem Bildschirm. Die gebürtige Wienerin zeigt wie Marken erfolgreich auf YouTube durchstarten können. Hannah beendete 2014 ihr Studium im Fach „Angewandte Medien” mit dem Schwerpunkt Moderation und Schauspiel. Zwischendurch fungierte sie als Moderatorin und Sprecherin für RTL, Kabel 1, Servus TV und das Filmfest Hamburg. Mit 26 Jahren gründete die YouTuberin gemeinsam mit Yannik Markworth und Simon Kaiser die Agentur Klein aber.
Interview: Kai Hoffmann
Kanäle