Nach den jüngsten Lebensmittelskandalen kann einem der Appetit auf die Discounter-Mentalität ja nur vergehen. Wir haben kein Bock mehr auf fiesen Formkäse und Pferdefleisch Lasagne, die einem schon für weniger als ein Euro hinterhergeschmissen werden. Die bewusstere Auseinandersetzung mit dem, was man da in sich hineinkippt oder -schaufelt, hat sich zu einer Zeitgeist-Debatte entwickelt. Bezugsquellen werden hinterfragt, denn scheinbar wöchentlich gibt es neue Berichte über perverse Schweinemastanlagen oder Kükenfabriken, die einem kalte Schauer über den Rücken jagen. Während sich einige völlig traumatisiert in die Arme von strengen Vollzeit- Diätplänen oder Raw-Food-Sekten flüchten und mit voller Hingabe den Massenkonsum ihrer Mitmenschen verurteilen, finden andere ein gesundes Mittelmaß und einen Weg der bewussten und doch genussvollen Auseinandersetzung mit ihren Essgewohnheiten.
In vielen Großstädten wächst daher seit einiger Zeit ein neuer Umgang mit dem Thema heran. Neben Berlin und München kann man diesen Trend auch besondersgut in Hamburg beobachten. Unsere Foodszene ist unglaublich vielfältig, überrascht mit neuen Ideen und bringt Spaß. Gerade auf dem Getränkemarkt lässt sich das gut beobachten. Hier ist der Hamburger besonders experimentierfreudig und supportet neue Ideen, vor allem wenn sie aus den eigenen Reihen kommen. Nachdem schon Exportschlager wie „fritz–kola“ und „Lemonaid“ von Hamburg aus zum Exportschlager wurden, zeigt derzeit die Erfolgsgeschichte der Firma „Elbler“, dass Markteinführungen hier in Hamburg bestens funktionieren.
Seit 2012 verkaufen die beiden Kumpels Jan Ockert und Stefan Wächter Apfelschaumwein mit regionalem Background. Neben dem Wunsch, Cider auch in Deutschland populärer zu machen und so Absatzmärkte für den „elbler“ zu schaffen, geht es den Jungs auch um die Herkunft ihres Produkts und das gute Gefühl dabei. „Die kurzen Wege bei der Rohstoffbeschaffung und der Produktion, die konsequente Verwendung von biologisch angebautem Obst und die ausschließliche Abfüllung in Glasflaschen garantieren unsere Qualität und schonen die Umwelt“, so Jan Ockert. „Wir produzieren komplett ohne Zusatz von Aromen und Farbstoffen, ‚strecken‘ nicht mit Wasser oder Konzentraten und fügen keinen Zucker hinzu.“
Viele Konsumenten haben Lust auf spannende Food-Trends, wollen Neues testen und beschäftigen sich mit der Story hinter dem Produkt. Das merkt auch das junge Hamburger Start-Up Unternehmen „Foodist“. Seit 2012 vertreibt das Team mit Sitz in einer alten Hafenkneipe am St. Pauli Fischmarkt Aboboxen für Gourmetfood. Ihre Abonnenten erhalten jeden Monat eine Überraschungsauswahl aus internationalen Delikatessen. Ob Gemüse Chips oder Schoko-Neuheiten, die in Deutschland meist schwer erhältlichen Produkte werden von „Foodist“ aufgespürt, getestet und als Empfehlungen an die Kunden verschickt.
Dass der Markt für diese Art von Foodkultur offen ist, zeigt der krasse Verkaufsanstieg der Aboboxen seit einem TV-Auftritt der Gründer in der „VOX“-Show „Die Höhle des Löwen“ im Oktober 2014. Das „Foodist“-Team setzt bei seinem Geschäftsmodell ganz bewusst auf den persönlichen Background. So finden die Abonnenten jeden Monat auch ein Magazin in den Boxen, in dem Food-News oder Stories rund um die Produzenten zu finden sind. Auch hier geht es also um die Rückverfolgung der Bezugsquellen und die Menschen hinter dem Produkt, was verstärkt zur Authentizität und Identifikation mit den Inhalten, Herstellern und Vertreibern führt. Die Abonnenten schätzen das. Sie wissen über ihre Produkte Bescheid und können sie so mit ruhigem Gewissen genießen.
Dass das gute Gefühl beim Essen genauso wichtig ist wie der Genuss, können auch Yelda Yilmaz und Swantje Havermann bestätigen. Die beiden sind die Köpfe hinter „Food Swap Hamburg“, der Hamburger Tausch-Community für Handmade Speisen und Leckereien. Die Idee dahinter ist easy: „Du bringst ein selbstgemachtes Produkt in mehrfacher Ausfertigung mit. Wir sitzen zusammen an einer langen, großen Tafel, probieren, stellen die Speisen vor und kommen ins Gespräch“, erklärt Yelda.
Die Teilnehmer tauschen sich über ihre Lieblings-Rezepte aus und lernen dabei in gemütlicher Atmosphäre andere Menschen kennen, die ihre Begeisterung für Selbstgemachtes teilen. Bislang finden ihre Food-Tauschbörsen im „SALON WECHSEL DICH“ im Grindelhof 62 statt und werden dabei immer beliebter. „Angefangen haben wir mit 16 Teilnehmern, beim letzten Swap waren 25 Interessierte vor Ort. Viele kommen nicht nur einmal, sondern sind schon von Anfang an mit dabei.“
Zusammen isst man weniger allein
Neben dem Wissen, was man da isst und wie das Ganze hergestellt wurde, geht der Trend immer mehr Richtung Gemeinschaftlichkeit. So sind Food-Festivals zurzeit sehr angesagt und erleben großen Zulauf. Egal ob Food-Trucks, passionierte Hobby-Köche oder etablierte Kochgrößen: wer kulinarisch was zu bieten hat, kann das in Hamburg an wechselnden Orten und Terminen mehrmals im Jahr unter Beweis stellen. 2015 kann man sich davon beispielsweise auf dem „Heldenmarkt“, einer Messe im Cruise Center Altona, die Produkte rund um den nachhaltigen Konsum ausstellt, oder dem „Food Market Hamburg“ in der Großmarkthalle, überzeugen lassen.
Food-Trucks sind ein weiterer Trend! Nachdem sie zuerst in der Hauptstadt auftauchten, sieht man sie nun immer öfter in Hamburg. Doch Vorsicht! Mit den in Deutschland bekannten schnöden Pommesbuden haben die neuen Food-Trucks nicht viel gemein. Anstelle von fetttriefender Fertigkost gibt es hier meist frisch zubereitetes Essen aus erstklassigen Zutaten. Die Räder-Restaurants werden, gerade auch bei Geschäftsleuten und anspruchsvollen Gourmets, immer beliebter.
In US-Städten wie New York und Los Angeles gehören die Food-Trucks schon zum natürlichem Straßenbild, in Deutschland dürfen sie jedoch leider nicht einfach am Straßenrand halten. Hier brauchen die Betreiber Genehmigungen, die meist nur schwer zu bekommen sind. Als Alternative bieten sich derzeit Parkplätze vor großen Firmen, Straßenfesten und Wochenmärkten an. Dass die Trucks aber von den Hamburgern mit offenen Armen empfangen werden, merkt auch Jochen Manske, der Organisator der Hamburger „Lunch-Karawane“. Aus einer Vielzahl von, meist jungen, Food-Truck-Betreibern, erstellt er Standort- und Zeitpläne für die Hamburger Kundschaft. Im Netz kann man sich über die Fahrpläne und Speisepläne der Trucks informieren.
„Als ‚Lunch-Karawane‘ sorgen wir dort für Abwechslung auf dem Mittagsteller, wo man sonst zu den immer gleichen Imbissen rennen oder sich aus der Tupper-Dose verpflegen muss. Das sind Bürozentren, Gewerbeparks und mittlerweile auch eine Universität, die TU in Harburg. Hier ergänzen wir die leider zu klein gewordene Mensa“, so Jochen Manske. Die Idee scheint aufzugehen. Seit Mai 2014 konnte die Anzahl der Food-Truck-Haltestellen in Hamburg von 4 auf 9 ausgebaut werden.
Für all diejenigen unter Euch, die sich gern und intensiv mit Lebensmitteln und gutem Geschmack auseinandersetzen, bietet Hamburg eine Vielzahl an Möglichkeiten und wird damit ihrem Ruf als Weltstadt gerecht. Ein Highfive auf die Foodmetropole Hamburg. Wir feiern es, wenn Menschen Lust auf gute Lebensmittel haben und dabei nicht komplett ihr Hirn ausschalten wollen. Wir feiern junge Menschen, die uns das mit ihren innovativen Ideen und Konzepten ermöglichen und wir feiern Hamburg als Stadt, die solch genussvolle und abwechslungsreiche Dinge supportet und Raum für Geschmäcker jeder Art lässt! So schmeckt Hamburg!
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