Digitalisierung und Globalisierung sei Dank ist unsere Berufswelt flexibler und mobiler geworden. Arbeiten at Home und abseits von nine to five sowie technische Möglichkeiten läuten die Anfänge der New Work-Ära ein. Wir haben zunehmend die Chance, unsere Arbeit selbst zu gestalten und nach unseren eigenen Bedürfnissen auszurichten. Als Verfechter der Work Life Balance wollen wir schließlich unsere kostbare Lebenszeit nicht in eine Arbeit stecken, die uns nicht erfüllt und unglücklich macht. Allein das Gehalt ist längst nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium für unsere Jobwahl.
Das kann auch Daniela Eisele-Wijnbergen bestätigen. Sie ist Expertin für Feel Good Management und Professorin für Personalmanagement an der HSBA Hamburg School of Business Administration. „Die Studierenden schauen verstärkt auf Extraleistungen und das Wohlfühlklima eines Unternehmens.“ Dabei stehen je nach Personengruppen ganz unterschiedliche Aspekte im Vordergrund. „Während die einen Work Life Balance und Flexibilität bevorzugen, sind für andere der Zusammenhalt, Teamarbeit sowie -events ganz wichtig.“
Daniela Eisele-Wijnbergen – Professorin an der HSBA
- Die Kunst des Feel Good Managements
Gerade Big Player wie Google haben als Vorreiter die Unternehmenskultur aufgelockert. Mittlerweile nimmt Feel Good Management auch Einzug in kleinere Firmen. Das oberste Gebot? Die jeweiligen Benefits müssen zur Unternehmenskultur und zur Zielgruppe passen, ansonsten ist der positive Feel Good-Effekt schnell verpufft: „Die Personalstrategie muss den Ausschlag geben, wie sich ein Unternehmen aufstellt“, so Daniela Eisele-Wijnberge. „Wenn ich viele junge Mütter im Team habe, dann sind für die meisten fancy Abendveranstaltungen und viele Reisen nicht das tolle Zusatzangebot. Wenn ein Unternehmen dies beherzigt, werden die an die Zielgruppe angepassten Maßnahmen und Benefits auch ankommen und einen Unterschied bei der Personalbindung ausmachen.“
So sieht das auch Monika Kraus-Wildegger, die 2012 ihr Unternehmen GOODplace gegründet hat und sich speziell auf die Ausbildung von Feel Good Managern konzentriert. „Arbeitszeit ist Lebenszeit und gerade unser Job nimmt einen großen Teil davon ein. Wir müssen uns daher fragen, was wir von unserem Leben erwarten und wie wir arbeiten wollen.“ Das Stichwort lautet also Partizipation. Wir als Angestellte sind ebenfalls in der Verantwortung und gefragt, wenn wir unsere eigenen Arbeitsstrukturen mitgestalten möchten. Jedoch kann Feel Good Management erst erfolgreich funktionieren, wenn unsere vier Grundbedürfnisse gestillt sind. Neben unseren physischen gehören dazu noch die emotionalen, mentalen und sinnstiftenden. Da jeder von uns individuelle Bedürfnisse und unterschiedliche Arbeitsweisen hat, ist die Umsetzung nicht leicht. Aber es lohnt sich. „Substantiell geht es beim Feel Good Management um mehr. Gleiche Augenhöhe, Respekt und das Ziel, Prozesse den Menschen anzupassen – nicht umgekehrt“, fasst Monika Kraus-Wildegger zusammen. „Glückliche Menschen arbeiten besser, weil sie leistungsstärker sind und ein positiveres Mindset haben.“
Monika Kraus-Wildegger – Gründerin von GOODplace
- ABOUT YOU: Da wo wir helfen können, helfen wir.“
ABOUT YOU ist dick im Geschäft und eines der am schnellsten wachsenden E-Commerce Companies Europas. Wir haben dem Unternehmen, das als Beteiligungsgesellschaft Teil der Otto Group ist, einen Besuch in der Domstraße abgestattet und uns mit Thore Schäck getroffen. Als Head of Human Resources ist er unter anderem dafür verantwortlich, dass die Kollegen sich wohl fühlen. Das Headquarter von ABOUT YOU erinnert mit seinen offenen Arbeitsbereichen an ein Coworking Space im lässigen Industrial-Style. Gegründet wurde ABOUT YOU 2014. Im Geschäftsjahr 2018/19 erwirtschaftete der Online-Versandhändler satte 461 Millionen Euro. Feel Good Management ist in dem Modeunternehmen fester Bestandteil der Unternehmenskultur. „Wir wollen als Arbeitgeber sicherstellen, dass die Menschen gerne hierher kommen und trotz anstrengender Arbeit eine gute Zeit haben“, so Thore Schäck. Die Liste der Benefits ist daher lang: Jobtickets für die öffentlichen Verkehrsmittel, interne Weiterbildungsmöglichkeiten, Rabatte für Fitnessstudios sowie Sportkurse sind nur einige Maßnahmen, um die Mitarbeiter bei Laune zu halten. Darüber hinaus finden regelmäßige Veranstaltungen statt. Neben dem großen Sommerfest und die jährliche Weihnachtsfeier gehen die einzelnen Teams auch mal gemeinsam Abendessen, fahren Go-Kart oder spielen Lasertag.
Office Goals – Bei ABOUT YOU wird auf flexibles Arbeiten gesetzt
Der 34-Jährige ist seit über einem Jahr bei dem jungen Unternehmen, dessen Altersdurchschnitt der über 600 Mitarbeiter gerade einmal 28 Jahre beträgt. „Neuen Kollegen, die beispielsweise aus dem Ausland oder von weiter weg nach Hamburg ziehen, bieten wir bezahlbare, möblierte Wohnungen für zwei bis drei Monate an. Die Mitarbeiter können in Ruhe ankommen und sich vor Ort eine neue Bleibe suchen.“ Da die Unternehmenssprache Englisch ist, werden Meetings oder Präsentationen immer in der Fremdsprache gehalten. „In jedem Team haben wir Kollegen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist“, erklärt Thore. Wer Nachholbedarf hat, dem bietet ABOUT YOU kostenlose Sprachkurse an. Hilfe gibt es auch bei den Haustieren. Wer einen Hund hat, kann ihn ins Büro mitnehmen. „Die Kollegen müssen sich dann nicht jeden Morgen Gedanken machen, wo sie ihren Vierbeiner lassen. Wir können unseren Mitarbeitern natürlich nicht alle Sorgen abnehmen. Aber da wo wir helfen können, helfen wir.“
Thore Schäck – Head of Human Resources bei ABOUT YOU
- XING: „Fühl sich wie zu Hause an!“
Seit rund einem Jahr arbeitet Franziska Puchert als Collaboration und Communication Manager beim Online-Berufsnetzwerk XING. „Gemeinsam mit meinem Team schaue ich, was wir im Unternehmen intern benötigen, um einfacher zu kommunizieren und besser zusammen zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel gerade ein Intranet eingeführt.“ Jeden Tag begleitet Zwergpudel Susi sie ins Büro in der Dammtorstraße, das modern eingerichtet ist und auf neue Tools wie Scrum- und Kanban-Boards setzt.
Gegründet wurde XING 2003 in Hamburg. Im deutschsprachigen Raum nutzen rund 17 Millionen User das Berufsnetzwerk, das mittlerweile an weiteren Standorten wie München, Wien, Zürich, Barcelona, Valencia und Porto vertreten ist. Seit 2019 gehört das soziale Netzwerk zur großen Dachmarke New Work SE, zu dem auch weitere Unternehmen wie Prescreen oder die Bewertungsplattform kununu zählen. Den Joballtag bei XING bewertet die 29-Jährige als entspannt. „Das Arbeiten hier ist sehr angenehm und kollegial, daher fühle ich mich wohl.“ Grund dafür ist vor allem die Förderung und Weiterentwicklung des Einzelnen sowie die offene und transparente Unternehmenskultur. „Wir Mitarbeiter können eigene Projekte verwirklichen und werden in Entscheidungsprozesse miteinbezogen. Zum Beispiel werden wir 2021 in ein größeres Büro in die HafenCity ziehen und konnten unsere Anregungen und Wünsche für den neuen Standort mitteilen.“
Moderne Arbeitsmethoden und -tools sind auch bei XING selbstverständlich
Neben partizipativen Strukturen wird flexibles Arbeiten bei XING groß geschrieben. Ob Franziska im Gro.raumbüro sitzt oder von zu Hause aus arbeitet, ist egal. Per Videokonferenz kann sie sich von überall dazu schalten. Wer eine längere Auszeit vom Job benötigt, kann ein dreimonatiges Sabbatical einlegen. Dies ist jedoch erst möglich, wenn man drei Jahre bei XING gearbeitet hat. Ebenfalls transparent ist der Umgang mit Gehältern. „Wir haben hier eine ‚Salary Transparency’. Jeder kann sehen, in welcher Gehaltsspanne sich sein Jobprofil befindet.“ XING prüft jährlich selbst, ob die Jobprofile angemessen bezahlt oder nachgebessert werden müssen.
Franziska Puchert mit Zwergpudel Susi
- Campus-Umfrage
Wir haben uns mal auf dem Campus der Uni Hamburg umgehört und die Studenten gefragt, welche Erwartungen sie an ihren zukünftigen Arbeitgeber haben!
Mir ist die Gemeinschaft wichtig! Ich finde einen lockeren Umgang mit Kollegen entscheidend, mit denen man abends auch mal was trinken geht.
Rohit, 20, studiert Sozialökonomie
Ich möchte flexible Arbeitszeiten, flache Hierarchien und die Möglichkeit haben, im Home Office zu arbeiten.
Petra, 23, studiert im Master BWL
Ich wünsche mir einen sicheren Arbeitsplatz, finanzielle Sicherheit und einen Chef, der in Ordnung ist und nicht sein Machtmonopol ausspielt.
Am liebsten würde ich als Beamter bei der Stadt arbeiten.
René, 32, studiert Erziehungswissenschaften und evangelische Theologie
Ich würde mir wünschen, dass es bei meinem zukünftigen Unternehmen eine Anlaufstelle gibt, wo ich sexuelle Bemerkungen melden kann – ohne dabei Angst zu haben und negative Konsequenzen zu befürchten. Außerdem fände ich einen Karriereplan gut, um intern aufsteigen zu können.
Jonna, 24, studiert interdisziplinäre Public und Nonprofit Studien im Master
Text: Kristina Regentrop
Fotos: Tillmann (2), ABOUT YOU (1), Schulz (4)
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