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News aus Hamburg
RAUS AUS DER NISCHE!

„Hamburg bloggt“ – Ein Hobby als Standbein?

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Hamburg gilt neben Berlin als Blogger-Hauptstadt. Bloggen ist für viele mehr als ein Hobby, einige können von ihren Beiträgen sogar leben. UNISCENE stellt ein paar Blogs aus der Hansestadt vor und fragt die Macher, warum sie eigentlich so viel Zeit in ihre Seiten investieren.

„Ich mach' da was im Internet.“ So holt Fabu aus, wenn man sich nach seiner Tätigkeit als Blogger erkundigt. Der Hamburger betreibt gemeinsam mit 14 anderen Mitstreitern nebenberuflich den Game-Blog "Superlevel". Wenn es nach ihm geht, soll es nicht bei der Nebenbeschäftigung bleiben. Bloggen soll vielmehr sein beruflich festes Standbein werden. Noch vor wenigen Jahren wurden Blogbetreiber eher belächelt und als Hobby-Journalisten nicht wirklich ernst genommen. Heute sind sie keine Randerscheinung mehr – ganz im Gegenteil. Bloggen ist cool und gilt sogar als lukratives Geschäftsmodell. Dem klassischen Journalismus steht mit der Blogosphäre ein interaktives Trendbarometer gegenüber. Blogger sind Multiplikatoren, viele haben großen Einfluss auf ihre Leser und verbreiten Meinungen und Trends rasend schnell.

Die Aussagen von Bloggergrößen ist für Firmen oft genauso wichtig wie die der klassischen Journalisten. Einige Blogger erlangen sogar Expertenstatus und genießen in gewissen Kreisen eine Art Promi-Dasein. Firmen nutzen den Bekanntheitsgrad und die Glaubwürdigkeit der Blogger als Werbefläche für Anzeigen oder gehen Sponsoring-Verträge mit ihnen ein. Produkte oder Geld gegen – im besten Falle positive – Berichterstattung. Während einige davon finanziell gut leben können, sind andere nur in ihrer Freizeit als Blogger aktiv und arbeiten sonst in Jobs, die oft gar nichts mit dem Internet oder ihrem Blog-Thema zu tun haben.

Wo hört der Spaß auf?

Das Thema Finanzierung und Entlohnung sorgt in der Blogosphäre immer wieder für Zündstoff.  Erfolgreichen Bloggern wird vorgeworfen, nicht mehr authentisch zu sein, wenn sie gezielt Kooperationen eingehen oder Werbung auf ihren Seiten platzieren. So müssen sie sich häufig den Vorwurf der „gekauften Meinung“ gefallen lassen. Das Bloggen sei nicht viel mehr als bezahlte PR oder Eigenwerbung, getarnt als persönliche Empfehlung. Viele Blogger sind inzwischen dazu übergegangen, Kooperationen und direkte Sponsorings mit einem Sternchen im Text zu markieren. Auch dem Vorwurf, dass bloggen den klassischen Journalismus kaputt mache, müssen sich viele Autoren stellen. Besonders der Deutsche Journalisten Verband (DJV) kritisiert, dass die ungelernten Schreiberlinge, die ihre Künste billiger oder kostenlos auf dem freien Arbeitsmarkt anbieten, die ausgebildeten Journalisten auf dem schlecht bezahlten Abstellgleis stehen lassen. Besonders leidenschaftlich wurde diese Kritik jüngst bei der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe der „Huffington Post“ diskutiert. Als Mischung aus Blog, Nachrichtenseite und Politplattform beschäftigt sie wenig feste Redakteure und arbeitet hauptsächlich mit Bloggern zusammen, deren Arbeit häufig nicht vergütet wird.

Egobooster und Kreativität

Anna ist wohl eine der bekanntesten Hamburger Bloggerinnen. Und dies nicht ohne Grund. Anna bloggt auf „lachsbroetchen.blogspot.de“ – und das sehr kreativ. Ob Foodbilder, die einem in Sekundenschnelle das Wasser im Mund zusammen laufen lassen oder aber weiß besockte Füße, die in Birkenstock-Latschen stecken: Anna hat den richtigen Blick fürs Detail. Den Blog hat sie zeitgleich mit ihrem Modedesign-Studium an der AMD begonnen. Für sie ist er eine Möglichkeit, ihre Ideen publik zu machen. Doch auf möglichst viel Fame kommt es ihr nicht an. Sie geht sogar soweit, dass sie trotz ihres hohen Bekanntheitsgrads vielen Leuten nichts von ihrem Blog erzählt. „Sobald Du Dir meinen Blog anschaust, weißt Du sehr viel über mich und irgendwie will ich das gar nicht.“ Neben ihrem Blog arbeitet sie als Food-Fotografin, Konzeptionistin und Stylistin und tut sich als Multitasker schwer, sich für eine von diesen Tätigkeiten zu entscheiden.

Time is money – Zwischen Aufwand und Entschädigung

Den enormen Zeitaufwand, den ein gut durchdachter Blog mit sich bringt, kennt auch Vicky von „vickysmodeblog.com“. „Selbst wenn ich nicht vorm Laptop sitze, mache ich mir über neue Themen Gedanken. Sogar das Freunde-Treffen muss sich hinten anstellen.“ Für ihre zirka 3.000 bis 4.000 Leser pro Tag berichtet die Hamburgerin mit den auffallend roten Haaren fast täglich, und das äußerst erfolgreich. Das lohnt sich auch finanziell. Derzeit ist sie beispielsweise das Blogger-Testimonial auf der Tchibo-Page und auch in deren Katalog vertreten. Dort wirbt sie für ein Schminke-Set der Marke. Solche Kooperationen sind nur dann möglich, wenn man den Wunsch, hauptberuflich zu bloggen, auch vorantreibt.

Vicky ist hier ganz ehrlich. „Es ist wirklich immer Thema, wie man davon lebt“. Als erfolgreicher Blogger steht man oben auf der Liste der Auftraggeber und wird gern für Kooperationen oder als Testimonial angefragt. „Letztens saß ich sogar in der Jury eines Model-Contests“, erzählt sie. Für sie geht es beim Bloggen auf jeden Fall auch darum, dass sich ihre Arbeit finanziell auszahlt. Sie ärgert es, wenn das nicht anerkannt wird. “Es gibt tatsächlich noch Leute, die mich für meine harte Arbeit nicht bezahlen wollen und so was von sich geben wie 'Ach, Du musst doch nur einen Link einbauen, das ist doch kaum Aufwand'.“

Dass beim Thema Finanzierung auch die Leser mitreden können, zeigen die Macher von „BLOG-TRIFFT-BALL“, die für ihre etwa 54.0000 Besucher im Monat über die sportlichen Seiten von Hamburg und Umgebung berichten. Mediengrößen wie die „Süddeutsche Zeitung“ oder „BILD Hamburg“ haben bereits Inhalte des Blogs geteilt. Finanziert wird er derzeit noch durch Internetwerbung, was sich jedoch in Zukunft ändern wird, da auch bei hier vermehrt Kritik an dieser Art der Finanzierung geäußert wurde. Werbung nervt die Leser und daher setzt das Team nun auf die Bezahltechnik „LaterPay“. So können Leser die Autoren durch Zahlungen im kleinen Rahmen für ihre Arbeit entlohnen. Hauptberuflich wird „BLOG-TRIFFT-BALL“ nicht betrieben, alle Mitmacher werkeln auf Freelance- oder Studenten-Basis. Der Blog versteht sich eher als Werkbank für Blogger und Jungjournalisten, die mehr abliefern wollen als nur reine Spielberichte. Hier zählt eher Qualität.

Das gilt bisher auch für die 15 Autoren des Game-Blogs „Superlevel.“ „Wir nehmen Computerspiele ernst und empfinden sie als wichtiges Kulturgut, sehen jedoch davon ab, uns selbst dabei zu ernst zu nehmen. "Superlevel" ist Spielplatz und Sprachrohr für Spielejournalisten und -blogger“, erklärt Fabu. Etwaige Einnahmen fließen direkt in die Weiterentwicklung des Blogs. Doch Fabu würde das gern ändern. „Mein langfristiges Ziel ist es, vom Bloggen leben zu können. Um das zu ermöglichen, müssen wir größer und bekannter werden. Möglich wäre auch eine Crowdfunding-Kampagne in absehbarer Zukunft.“ Das ihm das Bloggen aber bisher schon viel ermöglicht hat, ist für Fabu unumstritten „Es entstanden Freundschaften und Jobangebote – generell ist das persönliche und berufliche Netzwerk um ein Vielfaches gewachsen.“

Geldsegen nicht immer, Verwirklichung ja!

Anders als manche Über-Blogger wie Chiara Ferragni von „theblondesalad.com“, die den Fashion-Addicts weltweit Modetrends vordiktiert und sich mithilfe ihres Blogger- Promistatus ein fettes finanzielles Polster geschaffen hat, hält sich der ganz große Fame und der Geldsegen bei den meisten Hamburger Bloggern (noch) in Grenzen. Das ist jedoch kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken und sich über Misserfolge zu beschweren. Nein, denn bloggen bockt! Für fast alle ist der Blog mehr als ein Prestige-Projekt mit dem man nach Kohle lechzt, sondern eben viel mehr.

„Sucht Euch ein Thema, das euch interessiert und bloggt einfach drauf los. Hauptziel sollte nie sein, dass man damit reich wird. Wer mit diesem Gedanken startet, kann nur scheitern. Es muss vor allem Spaß machen, alles andere, wie beispielsweise Einnahmen, kommen dann von selber“, so Martin. Dass es aber natürlich auch um finanzielle Aspekte gehen kann, ist klar und auch nicht verwerflich. Warum nicht mit seinem Kommunikations-Talent seine Rechnungen begleichen? Word. Ein Blog kann also alles sein: Spiegelbild, Lautsprecher, Aushängeschild, Egoplattform und so manches mal auch ein gefragtes Produkt mit lukrativen Beigeschmack. Eben ein echtes Standbein, das man sich aufbauen kann „da im Internet.“  

Foto: Francis Napoleon

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