„...Und ehe man sich‘s versieht, starrt einem die Realität ins faltiger werdende Gesicht. Sie schleicht sich langsam an und wirft einem mit Schmackes fiese Fragen entgegen: So, jetzt haste ja endlich fertig studiert: Und nun? Wovon willst Du eigentlich leben? Und wie soll es mit Deiner Beziehung weitergehen? Du bist noch Single? Dann aber hopp jetzt, sonst sind irgendwann nur noch Freaks und Scheidungsopfer übrig“.
Mit dieser Passage bringt die Autorin all die Fragen auf den Punkt, die uns Studenten durch den Kopf schwirren. Klar, ab und zu genießen wir auch das unbeschwerte Studentendasein und verpennen die Vorlesung, weil wir am Vortag noch feiern waren. Aber die Zukunft steht schon vor der Tür und auch der verplanteste Langzeitstudent muss erwachsen werden.
Was bedeutet eigentlich dieses geheimnisvolle Wort „Erwachsenwerden“? Was gehört dazu, was nicht und wollen wir das überhaupt? Die Autorin Katharina Höftmann schreibt in ihrem Buch nicht nur über die eigenen Erfahrungen mit dem Phänomen, sie portraitiert auch die 20- bis 30-Jährigen, also ihre und unsere Generation.
Die Quarterlife-Crisis
In voneinander unabhängigen Kapiteln beschreibt die Autorin, was uns beim Erwachsenwerden alles beschäftigt und warum die ganze Sache so schwer ist. Eigentlich geht es uns allen gut, besser noch: die ganze Welt steht uns offen. Mit neuen Ausbildungswegen und einer vernetzten Welt können wir frei wählen, was wir mit unserem Leben machen und wo.
Doch wer die Wahl hat, hat auch die Qual. Und das Problem ist nicht nur das Entscheiden. Wer sein Studium endlich in der Tasche hat, steht erst vor der echten Herausforderung: einen Job finden! Die Konkurrenz ist groß und Arbeitgeber erwarten ein erstklassiges Abschlusszeugnis, jede Menge praktische Erfahrung und natürlich Auslandsaufenthalte im Lebenslauf.
„Der Kampf, in den sich jeder Einzelne meiner Generation begibt, wenn er nach dem Studium eine richtige Arbeit finden will, ähnelt den Olympischen Spielen. Erwachsenwerden bedeutet auch, seine eigene Startposition in diesen Spielen zu finden. Seine Disziplin, seinen Trainer und die richtige Ausrüstung.“, heißt es im Kapitel „Die Visitenkarte“. So mancher verzweifelt an diesem Kampf. Finanzielle Sorgen und das ständige Gefühl, nicht gut genug für den Arbeitsmarkt zu sein, sind Symptome der sogenannten „Quarterlife-Crisis“, in der viele Berufsanfänger stecken. Doch keine Panik, es geht aufwärts!
Die Nespresso-Jahre
Wenn man den Bewerbungsdschungel endlich hinter sich gelassen und einen Job gefunden hat, beginnen laut Katharina Höftmann die „Nespresso-Jahre“. Man verdient Geld und auf einmal verändern sich die eigenen Ansprüche. Jahrelang hat auch die Autorin Wert auf supergünstige Second-Hand-Klamotten gelegt, jetzt braucht sie plötzlich Qualität und kommt sich dabei wie die eigene Mutter vor, die immer meint:„Eine Tasche muss aus Leder sein!“. Und ehe man sich versieht, sitzt man da mit der Doppelhaushälfte und mit dem Ehering am Finger.
Müssen wir denn alle Spießbürger werden? Natürlich nicht! Die Autorin ist ein gutes Beispiel dafür, dass unser Leben ganz in unseren Händen liegt. Nach vielen Höhen und Tiefen arbeitet die Rostockerin heute für die „Deutsche Presse-Agentur“, „Welt Online“ und die israelische Tageszeitung „Israel HaYom“. Sie lebt in Deutschland und Israel, führt eine glückliche Beziehung und kann sicher von sich sagen, im Leben angekommen zu sein. Mit ihrem Buch „Erwachsen oder so“ hilft sie uns nun , das Erwachsenwerden mit Humor und Leichtigkeit zu nehmen.
Katharina Höftmann: „Erwachsen oder so”
Dieses Buch lässt sich weder in das Genre Sachbuch pressen, noch als lineare Biografie verstehen. Die Autorin aus Rostock verbindet in einzelnen Kapiteln viel mehr ihre eigenen Erfahrungen des Erwachsenwerdens mit allgemeinen Gedanken zu unserer Generation. Wie man die „Quarterlife-Crisis“ übersteht und irgendwie im Leben ankommt, versucht sie uns auf nonchalante Weise zu vermitteln. Ein Buch wie für Studenten gemacht!
Paperback, 208 Seiten, 7,99 €, erscheint bei Heyne, W: randomhouse.de
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