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News aus Hamburg
KURVEN SIND SCHÖN!

Hüftgold ist doch ganz lukrativ

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Charlotte Kwandt bietet breitere Kurven als andere Frauen. Und sie präsentiert Mode. Richtig sexy sogar. Dass Frauen einer Norm entsprechen sollen, die ihr die Industrie aufzwingt, geht ihr gegen den Strich.

Schubladendenken ist Charlotte Kwandt zuwider. „Eine Frau soll sich wohlfühlen dürfen, so wie sie eben aussieht“, sagt sie. Die 26-Jährige präsentiert ihre Konfektionsgröße von deutlich über 40 voller Stolz und schlägt aus ihrem Hüftgold echtes Kapital. Als Plus-Size-Model beweist Charlotte, dass dralle Kurven feminin und gefragt sind. Als Mode-Ikonen bleiben Leidensgestalten aus Haut und Knochen unkaputtbar. Aber real sind Frauen grundsätzlich kräftiger, die Durchschnittsgröße liegt bei 42/44. Fashionistas müssen also fasten können. Oder? „Miss Bartoz“ sagt „Nein“. Seit fünf Jahren füllt die Hamburgerin Ulrike Bartos ihren Blog „missbartoz.de“ mit ihrer Lust auf Weiblichkeit, die Kurven zeigt.

„Wenn eine Frau trendy sein will, muss sie viel Energie in ihr Äußeres investieren, um eine Norm zu erfüllen, die selten ihren Wünschen und körperlichen Voraussetzungen entspricht“, sagt sie. Ulrike Bartos gibt aber auch handfeste Tipps, um mit Kurven einen Fuß in die Szene zu bekommen. „Auf ,modelkartei.de’ beispielsweise finden Anfängerinnen Fotografen, die ihnen zum Teil kostenfrei gute Bilder machen, um eine Agentur für sich zu gewinnen.“ Als Frau mit breiteren Kurven bin ich ja nicht weniger weiblich als eine schmale“, sagt Charlotte und schwärmt davon, dass sie die Norm sprengt. Dass sie mehr Frau ist als viele andere, dass sie diese Kurven geradezu herausputzt anstatt sie zu verstecken. Dass Fotografen mit ihr shooten wollen, weil sie sich an den Allerwelts-Frauen sattgesehen haben. „Was ist überhaupt normal?“, fragt Charlotte. Ihr stinkt schon der Begriff „Rubens-Frau“. „Damit beginnt doch Klassifizierung von Frauen, und klassifizieren bedeutet aussondern“, kritisiert sie. 

Charlotte studiert Jura und will im Februar ihr Examen machen. Hier in Hamburg ist Geld zu verdienen. Aber als Model eben unregelmäßig, deswegen jobbt sie nebenbei auch als Babysitterin. Model-Jobs sind stark davon abhängig, welchen Typ der Kunde sucht und finanziell immer unsicher. „2000 Euro sind als Tagesgage machbar“, sagt Mona Schulze, Inhaberin von Charlotte’s Agentur „Curve-Models“. Optimismus und Lebenslust sind aber zwingend notwendig, um einen Kunden anzusprechen. 

1927 wurde Charlottes Großtante Hildegard Kwandt im Berliner Sportpalast zur ersten „Miss Germany“ gewählt, und 2012 eroberte Charlotte selbst den Catwalk. Gegen mehr als 2000 Konkurrentinnen hat sie einen internationalen Wettbewerb des Modelabels Ulla Popken gewonnen. „Vielleicht deshalb, weil ich einfach ein Strahlekind bin“, sagt sie ohne Anflug von Zweifel. „Plus-Size ist ohnehin ein total beknackter Begriff. Es beginnt bei Größe 38 – das macht doch fast allen jungen Frauen ein schlechtes Gewissen“. Jetzt sitzt sie selbst in Jurys und freut sich fast schon, wenn mal eine ohne makellose Zähne daherkommt. „Ich sage dann: ,Hey, gräm Dich nicht, auch eine Zahnlücke hat nicht jeder und macht Dich zu etwas Besonderem’.“

Von Karsten-D Hinzmann

Foto: Silvana Denker

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