Erzählt mal, wie lief die Arbeit an eurem zweiten Album „Again“?
J: Wir waren schon beim ersten Album ziemlich perfektionistisch und haben lange daran gearbeitet – für „Again“ haben wir noch mehr Zeit investiert und locker 10.000 Stunden reingesteckt. Da wir im vergangenen Jahr so viel erlebt und hundert Konzerte gespielt haben, sind wir zusammengewachsen und konnten noch viel mutiger und geplanter ans neue Album rangehen. Zuerst waren wir aber nicht so richtig produktiv. Dann haben wir uns im Lagerraum eines Kumpels verschanzt. Die ramschige Bude mit Klappstühlen nannten wir euphemistisch Schreiblabor. Dort haben wir jeden Tag verbracht, den wir nicht auf Tour waren, und von morgens bis abends an den Songs gearbeitet.
Habt ihr einen Track, der euch besonders gefällt?
J: Ne, dann hätten wir das Album nicht rausgebracht. Wenn es nur einen Song gibt, den man vor die anderen stellt, hieße das, dass es einen besten Track gibt. Wir wollten ein Album machen, auf dem Lieblingssongs von allen drauf sind. Wobei ich das Lied „River“ etwas herausstellen würde, weil es eines der ersten war, mit dem wir musikalisch etwas Neues ausprobiert haben. Deshalb könnte man den catchy Slogan formulieren, dass das Album „Again“ und nicht „Repeat“ heißt.
Woher nehmt ihr eure Inspiration?
J: Wir werfen alles zusammen, was uns zu Riffs, Gesangsmelodien sowie Schlagzeugbeats einfällt und gefällt. Wir können uns ganz gut selbst inspirieren – wir sind keine Band, die vor ihrem nächsten Album eine Pause machen muss. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt, dass wir nicht leer sind. Wir sitzen am Laptop und nehmen auf. Auf der Bühne fangen wir dann wieder an, sehr expressiv und leidenschaftlich zu sein. Songwriting bedeutet Arbeit. Das klingt vielleicht kühl – stimmt aber. Im Grunde genommen ist Musik ja eine so persönliche Form der Kunst, dass es in der Theorie fast unmöglich ist, fünf Leute zu vereinen. Deshalb hauen wir uns auch die Köpfe ein, wenn uns was nicht gefällt.
Ihr habt vor dem ersten Album euer eigenes Label gegründet. Wieso?
J: Aus pragmatischen Gründen. Wir haben mit einigen kleinen und großen Labels gesprochen, aber waren mit den Bedingungen unzufrieden. Wir kommen eher aus einem punkigen und Do-It-Yourself-Kontext, sodass es eigentlich ganz schlüssig war, sein eigenes Label zu gründen. Trial-and-errormäßig ist anfangs viel schiefgelaufen. Bei der ersten CD-Pressung waren zwei Lieder auf den Alben, die wir eigentlich vorher runter geschmissen hatten. Also war alles für die Katz produziert.
L: Auch gut war, als das Finanzamt anrief und nach den Steuererklärungen für die letzten 2,5 Jahre fragte. Ups, ganz vergessen! Man muss eben tatsächlich alles selbst machen: Von der Produktion bis zum Versand der CDs. Das ist zeitintensiv – aber es lohnt sich!
Was ist das Erfolgsgeheimnis, um lange als Band zu bestehen?
L: Ich glaube, es ist bescheuert, wenn man sich Riesenziele setzt. Es sollten immer kleine Ziele sein, die man step-by-step dann auch erreicht. Hätten wir vor 14 Jahren gesagt, dass wir mit unserem zweiten Album im Radio laufen oder in irgendeiner Fernsehshow auftreten wollen, hätten wir ja nur verlieren können. Das war kein Ziel oder ein dicker Masterplan. Wir hätten uns gar nicht getraut, das so zu formulieren. Wir waren immer relativ bescheiden.
Und was ist dann euer nächstes Ziel?
L: Gute Frage! Auf dem Wunschzettel steht, dass man hier und da mal im Ausland spielen darf. Wir singen auf Englisch und innerhalb von Deutschland wird einem das gefühlt immer noch als Nachteil angehängt. Wer auf Deutsch singt, hat es angeblich leichter. Wir wollen aber auf Englisch weitermachen und es auch so schaffen.
J: Ausland bedeutet jetzt als nächstes aber auch noch nicht England oder die USA. Erstmal wollen wir Städte wie Kopenhagen oder so erreichen. Ist ja eigentlich auch viel naheliegender, da Kiel geografisch näher an diesen Städten als zum Beispiel München liegt.
Ihr hängt 24/7 miteinander ab, macht Musik und seid ja auch privat befreundet. Wie funktioniert das?
L: Ich glaube, ich habe keine anderen Freunde mehr. Die Bandmitglieder sind die einzigen Menschen, die ich überhaupt sehe. Haha. Nein, im Ernst: Ich glaube das Rezept ist, dass man sich streiten können muss. Keiner nimmt irgendwas mit nach Hause, weil jeder es sofort ausspricht. Wir haben es uns angewöhnt, Dinge direkt zu klären. Sonst wird daraus ein lawinenartiger Streit – und so lösen sich Bands tatsächlich auf.
Auf Instagram erleben wir euch viel Backstage und privat – immer aufgedreht, gut drauf und top motiviert. Woher nehmt ihr diese ganze Energie?
J: Da ist unser Song „Kids“ inhaltlich ganz nah dran. Auch wir sind manchmal ganz schön fertig und man ist ja auch mal traurig. Aber auf der Bühne zu stehen, zeigt uns, wofür wir das alles machen. Wir führen uns einfach immer wieder vor Augen, dass Musik unsere größte Leidenschaft ist und wir riesen Glück haben, Musik machen zu dürfen.
Ihr wart im letzten Jahr ordentlich unterwegs, habt auf mehreren Festivals wie dem „Dockville“ und viele Konzerte gespielt. Wie sieht das mit Groupies aus?
L: Ganz ehrlich: Es ist zum Glück relativ selten, dass man erkannt wird. Also in Kiel kennen uns natürlich einige Leute, da die Stadt ja nicht so groß ist. Da wurde Jakob letztens sogar von seiner Zahnärztin angesprochen!
Stichwort Heimat: Lennart, du bist in Kiel aufgewachsen, Jakob hat in Hamburg gelebt. Wie viel „norddeutscher Jung“ steckt in euch?
J: Ich bin sehr unromantisch bei sowas. Ich bin ein Vagabund und habe schon in Saarbrücken, Lüneburg und Bielefeld gewohnt. Dieses Heimatgefühl habe ich daher ein bisschen verlernt. Ich fühle mich da wohl, wo ich mit den Leuten gerne abhänge. Aber nach Hamburg kommen wir immer super gerne!
L: Der Rest von uns lebt schon immer in Kiel und wir sind zufrieden hier. Es hat sich nie die Gelegenheit ergeben wegzuziehen. Aber das hat jetzt auch nichts mit Lokalpatriotismus zu tun. Wir haben in Kiel alles und vermissen nichts. Durch die Band sind wir viel unterwegs, wir sind regelmäßig in Hamburg und mindestens einmal im Monat in Berlin. Darum ist es schön, ein relativ beschauliches Zuhause zu haben.
Und was ist das Geilste, wenn ihr auf Tour seid?
L: Es ist einfach das ganze Abenteuer! Und der Fortschritt schockt mich halt. Bei der vorletzten Tour haben wir 40 Karten für ein Konzert verkauft – jetzt sind es in der gleichen Stadt 300 oder 400. Und bei den Konzerten kennen die Leute mittlerweile die Lieder beider Alben richtig gut und singen komplett mit. Es gibt nichts besseres für uns!
- Band-Bio
Während ihrer Schulzeit gründeten die Brüder Lennart und Felix Eicke, JP Neumann und Djamin Izadi die Band. Leadsänger Jakob Amr stieß 2014 zu den Leoniden. 2017 erschien das Debütalbum „Leoniden“, im Herbst 2018 folgte dann „Again“. Noch bis Ende März sind die Fünf auf großer Deutschlandtour – das Konzert in der Großen Freiheit 36 am 8. März ist bereits restlos ausverkauft. Auf Instagram gibt's jeden Tag verrückte Storys aus dem (Tour-) Alltag der Jungs.
Zwei von Fünf: Wir trafen Jakob und Lennart von den Leoniden zum Interview.
Text: Kristina Regentrop
Fotos: Robin Hinsch (1), privat (1)
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