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News aus Hamburg
LITERATURSZENE HAMBURG

Underground und Underdogs der Hamburger Literaturszene

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Von Goethe bis Bernhard, von Stuckrad-Barre bis Palahniuk – richtig gute Literatur zieht uns in ihren Bann! Doch gibt es bei uns in Hamburg eine coole Literaturlandschaft über Wasserglaslesungen in Buchhandlungen hinaus? Und finden hier junge Autoren ihre Inspiration? Wir haben uns auf die Suche nach Underground und Underdogs der Hamburger Literaturszenegemacht – die ruhig noch einen Tick szeniger sein könnte!

Hamburg, St. Pauli. Auch wenn’s noch früh ist, wimmelt es auf dem Kiez natürlich schon von Partywütigen auf der Suche nach Drinks. Doch wir sind nicht zum Feiern hier! Schon am Spielbudenplatz biegen wir scharf rechts in die Detlev-Bremer- Straße. Zwischen Spätis, Bars und Handyshops liegt das kleine Chavis Kulturcafé. Hier treffen sich regelmäßig Studenten und Kreative, um zu Käsekuchen, Wein oder Bier zu lesen und zu lauschen. 

Denn „Der Frontliterat“ präsentiert seine neusten Texte. Initiator der Veranstaltungsreihe und Gründer des jungen Literaturmagazin ist Germanistik-Student Dominik Ritter (22). Mit 17 Jahren entdeckte er die Liebe zur Literatur und begann Kurzgeschichten zu schreiben. Aus Interesse besuchte er 2014 die Abschlusslesung des Schreiblabors, einer Autorenwerkstatt des Literaturhauses in Uhlenhorst. Dort lernte er andere junge Schriftsteller kennen. Mit Philologie- Student Jonathan Gropp (21), Ärztin Andrea Bernhard (29), Literaturwissenschaftlerin Clara Henssen (29), Germanistik- und Sozialwissenschaftsstudent Paul Jennerjahn (23) gründete Dominik ein Autorenkollektiv.

Es gab regelmäßige Treffen, um Texte zu schreiben, zu korrigieren und einander zu präsentieren. „Wir leben am Limit, an einer Art Abbruchkante, weil wir versuchen, neben Uni, Job und Zukunftsangst noch Zeit für unsere Literatur zu finden“, sagt Dominik.

Nur eines fehlte ihm und seinen Mitstreitern: Publikum! 2014 gründete er daher den „Frontliteraten“. Seitdem erscheint das Magazin drei Mal im Jahr und bietet jungen Autoren die Chance, erste eigene Texte zu veröffentlichen. Dominik gehört einer neuen Generation von Autoren an, die frischen Wind in Hamburgs Literaturbetrieb bringen.

Denn der ist durchaus lebendig – wenn auch teilweise eher alteingesessen: Im Literaturhaus an der Alster beispielsweise finden seit 1989 jährlich etwa 150 Lesungen statt, es gibt Veranstaltungen, wie das „Harbour Front Literaturfestival“ oder die „altonale“, die zu Lesungen und Literatur- Events Autoren aus aller Welt in die Stadt locken. Und  für jedes Jahr im Februar solltet ihr euch das „HAM. LIT“ Event im Uebel & Gefährlich vormerken, bei dem ein fresher Querschnitt durch die Literaturlandschaft präsentiert wird.

Dazu bringen unsere Lieblings-Indie-Verlage, wie mairisch in Eimsbüttel oder asphalt & anders in Ottensen, immer neue Autoren auf die Ladentische und in die Cafés. Stefan Mayr, einer der Gründer von asphalt & anders, meint:

„Hamburg ist ein gutes Pflaster für Autoren. Wir profitieren von vielen Eventlocations, Veranstaltungsreihen und literaturbegeisterten jungen Menschen.“

WO STECKT UNSERE KREATIVE LITERATURSZENE?

Die „Frontliteraten“ sind da nicht so überzeugt: „Es ist schwierig, in Hamburgs Literaturszene Fuß zu fassen“, findet Dominik. Denn während in Berlin gefühlt alle paar Wochen neue Lesebühnen die Kneipen der Stadt erobern, wirkt Hamburgs alternative Szene verdächtig ruhig.

„Bis in die späten 90er war die Hansestadt ein wichtiges Zentrum für junge Literatur in Deutschland“, erinnert sich Jürgen Abel, Lektor und Herausgeber des Literaturjahrbuchs „Ziegel“.

Aber nach der Wende wurde die Hauptstadt für junge Autoren immer attraktiver – viele zog es daher an die Spree.

Bis heute hat die Hauptstadt eine bunte Kulturlandschaft und profitiert zudem von einer lebendigen Start-Up-Szene, die junge, internationale Menschen anzieht. Doch Abel ist optimistisch:

„In Hamburg tut sich etwas. In den nächsten zehn Jahren werden wir auch hier wieder mehr junge Literatur sehen.“ 

Tatsächlich machen neben frischen Hamburger Autoren- Talenten, wie Sohyun Jung („Vergiss nicht, das Salz auszuwaschen“), Kathrin Weßling („Drüberleben“, „Morgen ist es vorbei“) oder eben den „Frontliteraten“, auch neue Lesungsformate von sich reden.

Ein gutes Beispiel sind die „Hafenlesungen“, die das internationale Autorenkollektiv „foundintranslation“ alle zwei Monate im Golem am Fischmarkt veranstaltet: Autoren aus aller Welt lesen in ihrer Muttersprache und werden von Kollegen übersetzt. „Wir hatten bisher bei jeder Lesung über 100 Zuhörer. Für Hamburger Verhältnisse ist das enorm“, freut sich Mitorganisator Jonis Hartmann. 

Fazit: Hamburgs junge Literaturszene schwächelt im Vergleich mit Großstädten wie Berlin noch ein wenig. Doch im Untergrund können wir es schon wieder Rauschen und Rascheln hören, hier tut sich etwas! Denn Totgesagte leben beaknntlich länger.

Text: Katja Müller

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