Julian, was ist die erste Reaktion der Leute auf Euer Arbeitsmodell bei elbdudler? Das erste was die Leute eigentlich immer sagen ist: „Wie, das funktioniert?“ Oder aber: „Das würde bei uns nicht funktionieren!“
Wann kamst Du auf die Idee, dass Deine Mitarbeiter ihr Gehalt selbst bestimmen sollen? Ich brenne für diese Idee schon lange. Ich glaube, dass jeder Mitarbeiter – in Rücksprache mit den anderen – selbst am besten einschätzen kann, was er verdienen sollte. Vor gut einem Jahr habe ich dann meine Idee in einem Meeting vorgestellt. Nach ein paar weiteren Treffen haben wir abgestimmt, ob wir das Konzept umsetzen wollen. Die große Mehrheit hat dafür gestimmt.
Und wie habt Ihr das Konzept dann umgesetzt? Jeder hat sein Ist-Gehalt und sein Wunsch-Gehalt notiert. Diese Summe musste er sich dann von zwei bis fünf Kollegen freigeben lassen.
Jeder weiß bei Euch also, was der andere verdient? Gehälter waren bei uns schon immer transparent, so wie alle anderen Zahlen auch. Jeder Cent, der durch das Unternehmen geht, kann von den anderen eingesehen werden.
Du sprichst ganz offen über Dein Gehalt von 6.000 Euro. Was wäre, wenn ein anderer Mitarbeiter sagt: Julian, Du verdienst zu viel? Ich würde mich der Diskussion natürlich stellen. Denn wenn ich nicht argumentieren kann, warum mir das Gehalt zusteht, scheint etwas an der Kritik dran zu sein.
Und wenn jemand meint, er hätte eine Gehaltserhöhung verdient, kann er das dann gleich anmelden? Ja klar! Die Frage ist, wie schnell man so etwas dann auch wirklich macht. Oftmals ist es bei uns auch so, dass einen eher die anderen Kollegen darauf hinweisen, wenn man eigentlich mehr verdienen müsste.
Aus welcher Idee heraus hast Du die Agentur 2009 gegründet? Ich habe eher aus Frustration heraus gegründet. Ich war HiWi an der Uni und habe in einem Projekt mitgearbeitet, das überhaupt nicht gut ausgestattet war. Nebenbei habe ich noch ein bisschen als freier Webentwickler gearbeitet. Da habe ich auch mitbekommen, wie in vielen Agenturen mit den Mitarbeitern umgegangen wird. Aus dieser Situation heraus haben ich dann mit einem Kommilitonen etwas Eigenes gegründet: Immer mit dem Anspruch, eine Firma aufzubauen, in der ich als Mitarbeiter selbst gerne arbeiten würde.
Ihr habt freie Arbeits- und Urlaubszeiten – gibt es da gar keine Regeln bei Euch? Nein, solange die Leistung stimmt, ist alles okay. Jeder kommt und geht wann er es für sinnvoll hält. Ich zum Beispiel komme lieber spät und arbeite dafür länger, andere fangen lieber ganz früh an. Zum Naturell einer Agentur gehört es natürlich auch mal dazu, etwas kurzfristig fertig zu machen, aber das ist bei uns nicht die Regel. Ich würde mich als Ausbeuter fühlen, wenn die Leute Überstunden machen oder sich die Nächte mit Arbeit um die Ohren schlagen müssten.
Und ist bei Euch niemand dem anderen vorgesetzt? Nein, bei uns sind die Mitarbeiter in Zellen organisiert. Für jeden Bereich gibt es eine Zelle. Eine Zelle besteht aus maximal acht Leuten. Jedes dieser Teams hat lediglich einen „Account-Manager“, über den meistens auch die Kommunikation mit den Kunden läuft. Das heißt aber nicht, dass diese Person eine formale Weisungsbefugnis hat. Wir arbeiten alle partnerschaftlich zusammen, auch mit unseren Kunden.
Das klingt alles so harmonisch – gibt’s denn auch mal Streit? Klar, aber dann wird das gleich angesprochen. Wir kommunizieren sehr viel und anständig miteinander. Zum Beispiel haben wir hier die Maßnahme des „Instant-Feedback“ – die Verpflichtung immer gleich etwas anzusprechen, wenn jemanden etwas stört.
Was verbindest Du persönlich mit dem Begriff „Karriere“? Ich verbinde damit gar nichts. Für mich ist auch irrelevant, was die Leute hier studiert haben oder wie lange sie an welcher Uni waren. Ich zum Beispiel habe mein Studium ja selbst abgebrochen und mir alle Sachen autodidaktisch beigebracht. Für mich gibt es keine klassische Karriereleiter. Aber natürlich habe ich Ziele, wo ich beruflich hin will.
Und die wären?
Ein Ziel wäre tatsächlich, mich in der Agentur überflüssig zu machen. Ich glaube die Firma wird erst richtig gut, wenn sie ohne mich funktioniert. Eine Herzensangelegenheit von mir ist zum Beispiel die Unternehmensführung und Arbeitsorganisation – ich kann mir gut vorstellen, in diesen Bereichen beratend tätig zu sein und anderen Unternehmen meine Erfahrung mitzuteilen.
Meinst Du, Ihr habt ein Arbeitsmodell für die Zukunft geschaffen? Das Entscheidende ist, wertebasiert zu arbeiten, gerade in Zeiten, in denen sich vieles schnell verändert. Wir haben in unserer Agentur klare Wertevorstellungen. Vielleicht ist dieser Wunsch nach Werten ja auch gerade ein besonderes Merkmal der „Generation Y“.
Mehr Infos zur Agentur Elbdudler findet Ihr unter W: elbdudler.de
Kanäle