Endlich bin ich wieder am Meer und sehe den Wellen dabei zu, wie sie auf Sandbänke treffen und brechen, bis nur noch das Rauschen des Ozeans existiert. Ich bin spontan nach Fuerteventura zum Surfen geflogen und habe diese Reise ganz bewusst ohne meine Travelbuddys geplant. Als ich für ein FSJ ein halbes Jahr lang in Costa Rica gelebt habe, erschien es mir selbstverständlich, das Land auf mich allein gestellt zu erkunden. Sich allein für ein Gap-Year vorzugsweise nach Australien oder Bali aufzumachen, ist zum Inbegriff der Selbstfindung geworden. Aber als ich von meinem Plan erzählte, in den Semesterferien einfach mal für zwei Wochen allein zu verreisen, waren die Reaktionen eher skeptisch. Hat denn niemand in deinem Freundeskreis Zeit? Ist Urlaub mit sich selbst nicht langweilig?
Obwohl man sich beim gemeinsamen Traveln schnell auf die Nerven gehen kann, teile ich meine Urlaubsabenteuer sehr gerne mit Freunden oder Familie. Dennoch wollte ich nach einem anstrengenden Semester einen Teil meiner freien Zeit allein verbringen. Mark Twain, der Autor von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, hat einmal gesagt: „Um herauszufinden, ob du Menschen magst oder nicht, reise mit ihnen.“ Mit sich selbst klarzukommen ist nicht so selbstverständlich, wie es klingen mag, aber sobald ich mich darauf einlasse, empfinde ich die Zeit allein als sehr befreiend und reich an Erkenntnissen.
Unser Autorin Paula ist gerne allein unterweg.
Zeit nur für mich selbst
Schon beim Planen habe ich wieder den ersten Vorteil des Solo-Travelns genossen: Niemand war von meiner leicht chaotischen, kurzfristigen Organisation genervt. Ich musste vorher keine Aktivitäten festlegen, sondern konnte aus dem Bauch heraus entscheiden, wonach mir gerade war. Unser Alltag besteht aus lauter Vereinbarungen mit Kollegen, Kommilitonen und Freunden. Wenn ich meine Ersparnisse für eine Auszeit zusammenkratze, genieße ich es, diese Zeit genau nach meinen Bedürfnissen zu verbringen – und das ganz ohne Absprachen.
Allerdings tauscht man dieses wunderschöne Freiheitsgefühl gegen die Sicherheit ein, die eine Reisebegleitung gibt. Als ich eines Morgens völlig übermüdet in dem kleinen Städtchen Corralejo auf Fuerteventura aus dem Bus gestiegen bin und bei über 30 Grad mit meinem 14 Kilo schweren Backpack auf dem Rücken das Hostel nicht gefunden habe, hätte mich ein bekanntes Gesicht sicherlich aufgemuntert. Leider habe ich auch schon die Erfahrung gemacht, mich mit 40 Grad Fieber in einem fremden Land zur Apotheke schleppen zu müssen. Allein Reisen ist eben auch eine Challenge an dich selbst – an dein Selbstbewusstsein, deine Kreativität, deinen Mut. Doch genau durch solche Herausforderungen habe ich mich selbst besser kennengelernt und bin unabhängiger sowie selbstbewusster geworden. Als ich das erste Mal nur mit meinem Rucksack losgezogen bin, hat es mich noch Überwindung gekostet, Fremde um Hilfe zu bitten oder einfach eine Unterhaltung zu beginnen. Die Befürchtung, dass der Urlaub ohne Travelbuddy langweilig werden würde, hatte ich aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen gar nicht erst. Schon am ersten Nachmittag lernte ich im Hostel eine Gruppe von Polen kennen, die ebenfalls zum Surfen auf der Insel waren – die Verabredung für eine gemeinsame Session war schnell ausgemacht. Mit den zwei Mädels aus Italien, mit denen ich mir das Dormitory teilte, ging ich am nächsten Tag gemeinsam Paella essen. Wer im Hostel schläft, findet schnell Gleichgesinnte, die Lust auf gemeinsame Aktivitäten haben.
Doch ich versuche zwischen all diesen spannenden Begegnungen auch bewusst Zeit ganz allein zu verbringen. Diese „Me-Time“ ist bei mir reserviert für Dinge, die in meinem Alltag zu kurz kommen: Ein gutes Buch lesen, Tagebuch schreiben oder einen ausgedehnten Spaziergang machen, bei dem ich einfach meine Gedanken und Blicke schweifen lasse. Einfach Loslassen und mich auf das Hier und Jetzt einlassen – für mich ist es das, was allein unterwegs sein ausmacht.
Am Stadtstrand von Corralejo
- Tipps für die erste Reise allein
Sich langsam Herantasten
Es muss nicht gleich die dreiwöchige Backpacking-Tour durch Südostasien sein. Wenn du noch nicht allein unterwegs warst, verreise erstmal für ein verlängertes Wochenende.
Nach Berlin oder Bali?
Für den ersten Solo-Trip sind westliche Metropolen empfehlenswert: Ob London, Madrid oder Paris – hier kannst du dich problemlos auf Englisch verständigen.
Die richtige Unterkunft
Wenn du Lust auf internationale Kontakte hast, schlaf in Hostels. Auf hostelworld findest du passende Angbote. Die Webseite couchsurfing.com bietet die Möglichkeit, kostenlos bei Locals zu übernachten.
Menschen ansprechen
Reisen leben von Begegnungen. Trau dich: Statt Google Maps zu öffnen, frag Einheimische. Oft erfährst du spannende Facts über Orte, die du in keinem Reiseführer findest.
Platz für Zufälle lassen
Buche nicht alle Übernachtungen und Fahrten im Voraus. Allein unterwegs sein bietet dir die Chance, spontan zu entscheiden, wo es dich hintreibt.
Foto: Privat (3)
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