„Whoa, hier kann man Games machen! Das müssen wir unbedingt mal ausprobieren!“
Ungefähr so klang es, als Barbara und Alex ihre Leidenschaft entdeckten. Beide studieren an der HAW Hamburg und haben hier im Gamesraum ihre wahre Passion gefunden: Indie-Games entwickeln.
Alex und Barbara, die sich ROSE ENGINE nennen, waren vorher Kommunikationsdesigner und Comiczeichner. Mittlerweile studieren sie im Master Illustration.
Stolz zeigen sie Bilder von ihrem Großprojekt SIGNALIS. Seit drei Jahren arbeitet das Pärchen schon an dem Horrorspiel. Ein Großteil ihrer Zeit geht dafür drauf: Sie programmieren, füllen ihre Website mit Inhalten und animieren ihre Charaktere. Die Screenshots zeigen düstere Katakomben in pixeliger Optik. Das sieht so ganz anders aus als in altbekannten Spielen und zeigt: Indie-Entwickler machen oftmals einiges anders als die großen Spielefirmen.
Und wie lebt es sich als freier Spiele-Entwickler? Babs und Alex sind froh darüber, dass sie keinen Chef haben, der ihnen sagt, wie das Spiel am Ende aussehen soll. „Indie-Games sind quasi Autorenspiele“, sagt Alex. Die Entwickler bilden meist kleinere Teams, manche arbeiten sogar ganz alleine. Sie haben weniger Kohle, aber mehr Freiheit.
Und in Hamburg gibt es immer mehr Games-Kreative, wozu vor allem auch die Unis und verschiedene Studiengänge beitragen. Unter anderem bietet die HAW einen eigenen Games-Master an, und auch „normale“ Designstudenten können sich auf Spiele spezialisieren. Am SAE Institute gibt es Games Programming und Game Art Animation.
Eine Frage des Geldes?
Das Problem: Für viele Indies, wie Rose Engine, ist die Finanzierung ihrer Spiele eine Herausforderung: Woher sollen sie wissen, ob sich das Spiel am Ende auch verkauft? Lohnt sich eine Firmengründung? Können sie Geld für passende Musik ausgeben? All diesen Fragen stehen die beiden derzeit gegenüber.
Die Truppe von MOONEYE STUDIOS hat das finanzielle Problem fürs Erste gelöst: Mehr als 300.000 Euro haben sie mit ihrer Kickstarter-Kampagne eingesammelt. Die vier Jungs Maximilian, Tobias, Matthias und Pascal, die nach ihrem Master in Gameentwicklung zusammen eine Spielefirme gegründet haben, waren auf Social Media und in Foren aktiv. Wochenlang haben sie auf Twitter, Instagram und anderen Seiten gepostet – auch mal Fotos von sich beim Feiern oder biertrinkend im Urlaub.
Ihre Marketingstrategie: Sich nicht als Businesstypen im Anzug präsentieren, sondern auch online die lockeren Studenten sein, die sie eben sind. Fast 8000 Fans hat das zu einer Investition in das Abenteuerspiel LOST EMBER überzeugt. Von dem Geld wurden zum Beispiel neue Leute eingestellt.
Im Herbst 2018 soll Lost Ember rauskommen. Der Trailer lockt mit leuchtend bunten Landschaften, die man in Gestalt eines Wolfs erkunden kann. Spannende Weiterentwicklung: Lost Ember wird auch in der Virtual Reality spielbar sein.
Hamburgs Indiegame-Szene wächst
Für manche bleibt das Spielemachen aber auch nur ein Hobby. Neben Studenten treffen sich auch Quereinsteiger, Familienväter und Programmiererinnen nach Feierabend oder auf Twitter. Sie testen ihre halb fertigen Entwürfe und entwickeln auf sogenannten GAMEJAMS nächtelang Ideen – ohne Geld, dafür mit Mate und Pizza. Meistens bleibt bei so einem Gamejam nur ein Wochenende Zeit, um aus einem vorgegebenen Begriff ein fertiges Spiel zu machen. Sonntags geht's unausgeschlafen, aber mit einem neuen Spiel nach Hause.
Auch der ehemalige HAW-Student und Entwickler SHELLY ALON hat schon an Gamejams teilgenommen. „So ein Event ist toll, um neue Menschen kennenzulernen und sich an Ideen auszutoben“, sagt er. „Ich arbeite mittlerweile lieber in Ruhe an einem Spiel, sodass eine Idee auch ausreifen kann.“
Dieses Jahr gewann er mit seinem Spiel GLITCHSKIER den „Deutschen Computerspielpreis“. Nun ist er für den „Deutschen Entwicklerpreis“, einen der wichtigsten Preise in Deutschland, nominiert.
Statt zu Gamejams geht Shelly mittlerweile gerne zum HAMBURGER INDIETREFF. Ausgerichtet wird der von einigen Entwicklern. Zu den Treffen im Betahaus in der Schanze kann jeder kommen. An den Gaming Stations testen Gäste neue Spiele, manche davon sind noch unveröffentlicht. Dazu gibt es die Chance, beim Smalltalk Partner für ein Projekt zu finden. Es gibt außerdem Talks, bei denen Indies Tipps geben und auch mal vom Scheitern reden.
Insgesamt ist Hamburgs Indiespielszene voller Potential und offen für Interessierte. Wer jetzt Bock hat, etwas Eigenes zu entwickeln, hört am besten auf Barbara: „Ausprobieren! Einfach mal zu einer Gamejam gehen!“ Und für alle, die auch gerne mal zocken, haben wir ein paar Gametipps made in Hamburg zusammengestellt.
UNSERE SPIELTIPPS: GAMES MADE IN HAMBURG
GLITCHSKIER Der Handy-Shooter im Retrolook im Stil der 80er. Mit elektronischer Musik! Gewinner des Deutschen Computerspielpreis 2017.
Erhältlich im App und Play Store.
ORWELL Das Hamburger Trio Osmotics macht Spiele, die Gefühle auslösen. Orwell ist ein preisgekröntes Überwachungsdrama in fünf Akten. Kritischer Anspruch meets Politthriller!
Erhältlich für PC/Mac, auf Steam oder im Humble Store.
CRAZY MAZE Gratis Labyrinthspiel für alle, die Candy Crush nicht mehr sehen können. Auch für kleine Geschwister geeignet.
Erhältlich im App und Play Store.
Text: Sabrina Pohlmann
Fotos: Mooneye Studios (3), Rose Engine (2), Pohlmann (1)
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