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UNISCENE-TEST

Wie gut sind Hamburgs Wohnheime wirklich?

Melina hat zu Hause ein Fitnessstudio, Balkon, eine Bibliothek, eine Bar – und 214 Mitbewohner! Und: Sie findet es super! Die 22-Jährige hat sich einen von 5.828 begehrten Wohnheimplätzen sichern können.

Aber wie steht es überhaupt um Hamburgs Studentenwohnheime? Welches ist das coolste, wo sind die besten Partys, wer hat die beste Ausstattung? Wir haben spontan einfach mal drei Wohnheime genau unter die Lupe genommen. Die einen Studenten wissen die vergleichsweise günstigen Mieten zu schätzen, die anderen sind froh, dass sie überhaupt ein Zimmer in der fremden Stadt gefunden haben. Und dann gibt es ganz viele, die es schlichtweg einfach super finden. Keine andere Wohnsituation bietet die Möglichkeit, so einfach so viele Kontakte zu knüpfen, wie das Leben im Studentenwohnheim. Und das außerhalb des eigenen Studienganges. In den Wohnanlagen des Studierendenwerks Hamburg unterstützen „Welcome Tutoren“ beim Einleben in der neuen Stadt. Und die Hausverwalter kümmern sich nicht nur um tropfende Wasserhähne, sondern haben auch ein offenes Ohr für „ihre Schäfchen“.

„Mit dem studentischen Markt verhält es sich wie mit dem allgemeinen Hamburger Wohnungsmarkt“, erklärt Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg. „Benötigt wird mehr günstiger Wohnraum. Öffentliche Förderung kann hier ganz gezielt unterstützen.“ Wie? Indem man das das Bauinteresse der Investoren auf diesen Bereich lenkt. Außerdem könnte man langfristig in den Mietverträgen verankern, dass solche neugebauten Wohnräume extra für Studenten sind und dass die Mieten bezahlbar bleiben müssen. Klingt super, und soll auch nicht nur theoretisch bleiben: „Die gerade beschlossene Unterstützung des Studierendenwerks bei Ausbau und Sanierung von studentischen Wohnanlagen durch die Bürgerschaft ist ein wichtiger Schritt zu erschwinglichen Mieten für Studierende“, so der Allemeyer.

Unter dem Bundesdurchschnitt

Aber bleiben wir zunächst in der Gegenwart und schauen uns den Status Quo genauer an. Hier mal ein paar Zahlen zur Einordnung: Derzeit gibt es in Hamburg laut Statistik des Deutschen Studentenwerks („Wohnraum für Studierende – Statistische Übersicht 2013“) 5.828 Wohnplätze in 35 Studierendenwohnanlagen. Davon werden rund 3.950 Plätze in 23 Wohnanlagen vom Studierendenwerk gestellt, hierdurch liegt die aktuelle Unterbringungsquote bei 8,77 Prozent. Der Bundesdurchschnitt ist aber etwas besser (10,13 Prozent), Hamburg liegt also knapp darunter. Aber: Es sind 600 neue Plätze in Planung. Wenn diese Zimmer alle fertig und bezogen sind, dann wird sich die Quote deutlich verbessern und nur noch sehr knapp unter dem Durchschnitt liegen. Zum Sommersemester ist die Lage etwas entspannter: Traditionell beginnen hier weniger Erstsemester ihr Studium als zum Wintersemester. Das macht sich auch bei der Nachfrage nach studentischen Wohnungen bemerkbar. Vor allem verkürzen sich nun die Wartelisten für einen Wohnheimplatz. Standen zu Beginn des Wintersemesters 2013/2014 (Anfang Oktober 2013) noch 1.059 Studierende mit Einzugswunsch November 2013 auf der Warteliste, sind es zum Sommersemester „nur“ 583 Studierende, die gerne zum Mai 2014 einziehen würden, davon sind 376 internationale Studierende.

Europa- und Georgi-Haus: Die mit den Booten

International geht es auch in der Anlage Europa- und Georgi-Haus des Studierendenwerks Hamburg zu. Etwa die Hälfte der Bewohner sind Studierende aus der ganzen Welt: Franzosen, Spanier, Polen, Amerikaner und sogar ein Jamaikaner haben hier ihre Zimmer bezogen. „Das ist das was unser Haus ausmacht und warum es hier so toll ist“, sagt Magdalena. Die Welcome-Tutorin, ursprünglich aus Polen, wohnt schon länger hier, zusammen mit 214 anderen Bewohnern. Es gibt Gruppenappartements mit zwei bis sieben Zimmern, davon sind zehn Zimmer behindertengerecht. Die komplett ausgestatteten Küchen und die Sanitäreinrichtungen nutzen die Bewohner gemeinsam, wie in einer WG. Die Zimmer sind etwa 13 bis 18 Quadratmeter groß, kosten 233 bis 311 Euro und verfügen über Internet-, Telefon- und Kabel-TV-Anschluss. Für Studierende mit Kindern gibt es spezielle Appartements, einen Kinderraum und einen Spielplatz. Ein besonderes Highlight ist die Nähe zum Kanal: Alle Studenten können sich hier ein Kanu ausleihen und „in See“ stechen. „Das ist so toll im Sommer“, schwärmt Magdalena.

Herz des Hauses ist die Bar, die in Eigenregie von den Bewohnern betrieben wird. „Gerade erst haben wir hier einen großen Willkommens-Brunch für die neuen Bewohner veranstaltet“, erzählt Magdalena. Gefeiert wird auch – und zwar ausgiebig und regelmäßig. Kleines Manko: Da das Studentenwohnheim von Wohnhäusern umgeben ist, gab es in der Vergangenheit etwas Stress mit entnervten Nachbarn, die sich über die Lautstärke beschwert haben. Besonders im Sommer, wenn das Wetter gut ist und sich die Studis draußen auf der Straße tummeln, Bier trinken und schnacken, gibt es die eine oder andere Beschwerde. „Mittlerweile haben wir das aber gut im Griff“, sagt Tutorin Magdalena. „Wir steuern das, in dem wir die Partys selber veranstalten. So haben wir im Griff, wann gefeiert wird und können die Nachbarn vorwarnen.“

Aber ist es wirklich so schlimm? Wir fragen eine Nachbarin, die in derselben Straße wohnt und gerade ihren Vorgarten auf Vordermann bringt. „Mich stören die Studenten überhaupt nicht“, sagt Frau Frauendorfer, die schon seit 1952 am Kaemmererufer wohnt. „Im Gegenteil, es ist doch schön, wenn es hier belebt ist“, sagt die Rentnerin. Nur wenn ihre Garage beschmiert wird – und das sei jetzt immerhin schon dreimal passiert – dann fände sie das nicht so gut. „Puff“ hat da letztens jemand dran geschrieben, erzählt sie und kichert dabei beschämt. „Aber ich weiß ja nicht, ob das überhaupt welche von den Stundeten waren. Das muss ja gar nicht sein“, sagt sie.

Hammerbrook: Alles neu, total zentral, aber nicht ganz günstig

Probleme mit Nachbarn haben die Studenten in der Wohnanlage Hammerbrook des Studierendenwerks Hamburg nicht zu fürchten. Hier sind eher Büros und Unternehmen als Wohnhäuser angesiedelt. Die Wohnanlage ist gerade erst Ende 2012 fertig gestellt worden und punktet – abgesehen von der zentralen Lage – durch hochwertige neue Möbel und moderne Technik. Das Haus verfügt über 215 modern möblierte Einzelzimmer in 2er-, 4er- und 1er-Appartements sowie drei behindertengerechte Einzelappartements im Erdgeschoss. Alle Appartements sind mit Internet-, Telefon- und Kabel-TV-Anschluss, inklusive Nebenkosten wie Heizung, Wasser und Strom. Vor allem die Lage ist top: Die Hochschulen (Uni Hamburg, HAW und TUHH) sowie die Innenstadt und Szeneviertel sind durch die gute Anbindung in wenigen Minuten zu erreichen.

Mit 355 Euro im Monat ist es hier nicht unbedingt günstiger als ein vergleichbar großes Zimmer in einer eigenen privaten WG. Aber: Hier ist eben wie in allen Wohnanlagen des Studierendenwerks alles „all inclusive“. Und dazu zählt auch der Austausch mit anderen Studenten. „Wir treffen uns oft in der Bar“, erzählt Melina. Und diese Bar kann sich wirklich mehr als sehen lassen: Eine minimalistische aber stylische Einrichtung mit bequemen neuen Möbeln, ein Kicker-, ein Billardtisch und ein Beamer für Filmabende und Fußball-Übertragungen. Aber auch wenn die Bar gut besucht wird, gibt es dennoch viele Hausbewohner, die am Wochenende zum Feiern lieber auf den Kiez gehen. Kein Wunder, man kann ja fast hinlaufen. Und dann gibt es da noch eine Besonderheit in dem Neubau: Als eine der ersten Wohnanlagen bundesweit wurde Hammerbrook als Niedrig-Energiehaus „Effizienzhaus 40“ gebaut und ist mit seiner sehr guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel Teil des Konzepts „autoarmes Wohnen“. Die Bewohner – abgesehen von denen mit Behinderung – haben sich verpflichtet, kein KFZ zu benutzen. Aber wen sollte das stören, wenn die S-Bahn nicht mal eine Geh-Minute entfernt ist?

Übersee-Kolleg: Wohnheime anderer Träger als Alternative?

Neben den 23 Wohnanlagen des Studierendenwerks Hamburg gibt es in Hamburg weitere, die von konfessionellen oder von anderen gemeinnützigen Organisationen verwaltet werden. Wir haben mal das Übersee-Kolleg exemplarisch genauer unter die Lupe genommen, also ab in den Norden in die Alsterdorfer Straße 495. Wir werden empfangen von Stefanie Postel, die seit 2011 die Wohnanlage leitet. Sie zeigt uns die drei Häuser, alle bunt gestrichen, aber von außen zugegebenermaßen nicht sonderlich ansprechend. Was aber sofort positiv auffällt, ist die Wiese im Hinterhof, genau zwischen den drei Häusern gelegen. Man riecht förmlich die Bratwürste, die hier im Sommer gebrutzelt werden. „Das ist total beliebt, hier ist bei gutem Wetter richtig viel los“, bestätigt Stefanie Postel. Rund um das Wohnheim ist hingegen nicht gerade viel los. „Die Umgebung ist für die Studenten vermutlich nicht sonderlich attraktiv, es gibt keine Bars und Restaurants“, räumt die Heimleiterin ein. „Aber man kommt ziemlich schnell ins Stadtzentrum.“

Gut, dass es auch innerhalb der Anlage einige Freizeitmöglichkeiten gibt: Zwei Musikzimmer, ein Fitnessraum, eine Bar, die Bibliothek, ein TV-Raum. Besonders beliebt ist auch das hauseigene Kanu, die Alster ist schließlich nur wenige Meter entfernt und eine kleine Bootstour bei schönem Wetter somit naheliegend. „Das wird so gut angenommen, dass wir mittlerweile über ein zweites Boot nachdenken“, sagt Stefanie. Kleiner Minuspunkt: Die Möbel im Übersee-Kolleg sind schon etwas in die Jahre gekommen, das liegt vor allem an den begrenzten Mitteln des privaten Wohnheims. Ursprünglich von einem Pastor gegründet, folgte das Übersee-Kolleg seit jeher dem Prinzip der Nächstenliebe. Es ist ökumenisch und damit an keine Konfessionszugehörigkeit gebunden. Zweck des Vereins ist es, „das Zusammenleben deutscher und ausländischer Studenten in Hausgemeinschaften zu fördern und dadurch einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.“ Heißt in der Umsetzung: Die sieben Mitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich, um jungen Menschen günstigen Wohnraum in Hamburg zu ermöglichen.

Die Mieten sind mit 210 bis 275 Euro für ein möbliertes Zimmer inklusive Nebenkosten und Internet (W-Lan) fair und bezahlbar. Und dass hier nicht alles dem neuesten Standard entspricht, tut der Atmosphäre keinen Abbruch. „Es ist total schön hier“, sagt die 18-jährige Rike. Die Meteorologe-Studentin genießt das Miteinander mit ihren Mitbewohnern. „Wir unternehmen viel gemeinsam und die Leute hier sind einfach nur toll.“ Die gute Gemeinschaft spiegelt sich auch bei den selbst initiierten Aktivitäten wider: Ein Student gibt zum Beispiel regelmäßig einen Selbstverteidigungs-Kurs, der sehr gut besucht wird. Ein Kommilitone hat neulich einen Salsa-Kurs angeboten, ebenfalls komplett in Eigenregie. „Es ist eigentlich immer irgendwas los!“

Fazit: Die Unterschiede zwischen den Wohnheimen variieren vor allem in der Lage, der Entfernung zu Uni oder Innenstadt und der Neuwertigkeit der Ausstattung. Was alle gemeinsam haben, ist die gute Stimmung und die freundschaftliche Hausgemeinschaft. Und wer „How I Met Your Mother“ gesehen hat, weiß: Später erzählt man seinen Kinder eher von den Partys, als von seinen Möbeln und der Fahrzeit zur Uni... Gerade für Studenten von außerhalb, die sich in Hamburg noch nicht so gut auskennen, ist ein Zimmer im Wohnheim also eine tolle und bezahlbare Möglichkeit in Hamburg zu wohnen, Leute kennenzulernen und eine gute Zeit zu haben.

Von Christina Rüschhoff

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