Denken wir an hippe, moderne Betriebe, wandert unser Gedanke schnell zu jungen Startups. Mit ihnen assoziieren wir Innovation, junge Mitarbeiter und einen entspannten Arbeitsplatz. Doch die Realität ist oft anders: Ein chaotisches Büro, noch chaotischere Workflows, unbezahlte Überstunden und Stress. Dagegen sieht es bei größeren Unternehmen schon anders aus – und auch in Sachen Work-Life-Balance rüsten diese gerade nach.
Das weiß auch Burnout-Coach Gaby Lauhoff aus Hamburg. Seit 2013 berät sie sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen. Das Positive: „Immer mehr Firmen beauftragen mich, um zu analysieren, wie bei ihnen der Stress gemindert und die Motivation gesteigert werden kann. Es ist erfreulich, wie viele sich der Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern stellen und aktiv an besseren Arbeitsbedingungen arbeiten. Das hat natürlich auch für das Unternehmen Vorteile. Ein zufriedener Mitarbeiter ist leistungsstärker und seltener krank.“
Gaby Lauhoff – Burnout-Coach
Mehr Persönlichkeit, bitte!
Zufriedenheit heißt für uns flexibel sein und Freizeit haben – und das suchen wir oftmals in der Selbstständigkeit. Aber seien wir mal ehrlich: Wir verdienen als Freelancer in der Regel wenig und arbeiten mehr als uns lieb ist. Also doch lieber angestellt sein? Warum nicht? Auf unseren Freiraum müssen wir dafür nicht überall verzichten.
Das zeigt unter anderem XING als Arbeitgeber. Für die derzeit knapp 1.300 Mitarbeiter gibt es die Möglichkeit zeitlich flexibler oder auch mal im Homeoffice zu arbeiten. „Das hängt natürlich von der konkreten Tätigkeit ab. Wer im Kundensupport oder IT-Bereich arbeitet, kann manchmal stärker an den Arbeitsplatz gebunden sein als andere“, erklärt Frank Legeland, PR-Teamleiter des Unternehmens. Sollten Mitarbeiter mehr freie Tage brauchen, erhalten sie durch Holiday+ zusätzlichen, allerdings unbezahlten Urlaub.
Doch uns ist noch viel mehr wichtig: Unsere Persönlichkeit! Und die wollen wir in den Job einfließen lassen. Wir möchten uns mit unserer Arbeit identifizieren, etwas bewegen und dadurch wachsen können. Raum für individuelle Ideen und Engagements der Mitarbeiter fördert XING als Arbeitgeber unter anderem mit den „Prototyping/Social Days", die jährlich über drei Tage stattfinden.
In kleinen Teams werden dann eigene Projekte entwickelt: „Das können sowohl auf unsere Produkte bezogene oder externe soziale Projekte sein. Im vergangenen Jahr war das zum Beispiel ein Projekt mit Hinz&Kunzt, für die wir einen App-Prototypen entwickelten, um deren Digitalisierung und Geschäftsmodell zu unterstützen.“ Solche gemeinsamen Projekte findet auch Gaby Lauhoff förderlich: „Sie können sehr identitätsstiftend wirken. Wichtig sind dabei ein großes Maß an Freiheit und klare Regeln."
Der CEO lässt grüßen: Bei XING wird auf Homeoffice und individuelle Projekte gesetzt
Playsi im Office zocken
Um produktiv arbeiten zu können, darf auch unsere Entspannung nicht zu kurz kommen. Von einem coolen Arbeitsplatz erhoffen wir uns deshalb abwechslungsreiche Möglichkeiten, um nicht den lieben langen Tag am Schreibtisch herum zu kauern. Und das ist auch richtig so, erklärt die Expertin: „Wer Anspannung mit Entspannung abwechseln kann, bleibt gesünder und deutlich leistungsfähiger. Wichtig ist jedoch, dass dies auch erwünscht ist. Wenn Mitarbeiter ein schlechtes Gewissen haben, nützt auch der schönste Kicker nichts.“
Dass Startups immer Club Mate und einen Tischfußball am Start haben, ist längst zum Klischee in unseren Köpfen geworden. Doch auch größere Betriebe achten auf genügend Abwechslungs- und Spaßmöglichkeiten – wie beispielsweise mytaxi. 2009 brachte das ehemalige Startup die Taxi-App auf den Markt. Heute erstreckt sich das Unternehmen bereits auf 13 Länder mit über 700 Mitarbeitern.
Und für die muss gesorgt werden. „Bei uns kann der Bürostuhl auch mal gegen die Couchecke oder den Massagestuhl im Chill-Out-Room getauscht werden. Daneben haben wir viele weitere Work-Spaces, in die sich die Mitarbeiter zurückziehen können“, erzählt Lena Dröge. Seit 2011 arbeitet sie bei mytaxi, stieg als Teamassistentin ein und ist heute People Director. „Natürlich haben wir auch einen Kicker und sogar eine PlayStation“, fügt sie augenzwinkernd hinzu. Obwohl das Unternehmen gewachsen ist, hat es seinen frischen Charakter behalten. Ein weiteres Highlight erwähnt Dröge auch noch: Geburtagsfrei! Und das sogar, wenn der Ehrentag auf ein Wochenende fällt.
Ausgleich und Entspannung: Bei mytaxi könnt ihr kickern oder Playsi zocken
Yoga, Shiatsu und Co.
Längst bieten auch viele – sowohl jüngere als auch ältere – Arbeitgeber Sportmöglichkeiten an, um unseren Wunsch nach einem gesunden Gleichgewicht zu erfüllen. Wie wichtig der sportliche Ausgleich für uns ist, weiß auch Lena Heuermann, Pressesprecherin bei Google Deutschland. Das Unternehmen ist für uns Vorreiter in Sachen Work-Life-Balance. „Das klassische 9-to-5 Schema ist veraltet. Heutzutage wollen junge Kollegen auch schon um 15 Uhr sportlich aktiv sein und nicht erst nach Feierabend. Das ist bei uns möglich“
Auch bei Beiersdorf, wo sich seit 135 Jahren der innovativen Hautpflege gewidmet wird, gibt es eine große Sportauswahl, die ein Startup niemals bieten könnte. Aus über 40 Sportarten können Mitarbeiter wählen: von Boxen über Segeln bis hin zu Yoga. Aber auch mit Shiatsu, autogenem Training oder Personal Coaching soll mehr Balance und Bewegung in den Alltag gebracht werden, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens.
Beiersdorf setzt aber nicht nur für bestehende Mitarbeiter auf das richtige Maß an Balance und Flexibilität. Das kommt vor allem uns Studis zugute, die sich einfach erstmal ausprobieren und nicht binden wollen. Im Rahmen der jährlichen „International Internship Challenge" können Studenten an realen Case Studies aus verschiedenen Bereichen arbeiten. Als besonderes Benefit gewinnen die drei stärksten Bewerber ein dreimonatiges vollfinanziertes Auslandspraktikum.
Für uns junge Talente heißt das alles: Augen offen halten! An den Beispielen wird deutlich, dass wir auch bei klassischen Unternehmen innovativ und ausgeglichen arbeiten können. Zudem müssen wir dort nicht auf Vorteile wie ein gutes Gehalt verzichten. Viele Firmen haben ihre unmodernen Scheuklappen abgelegt und achten auf frischen Wind am Arbeitsplatz – mit und für uns. Denn wir sind die Arbeitnehmer der Zukunft.
Text: Roxanna Kaufmann
Fotos: Beiersdorf (1), Rehsprung (1), XING (1), mytaxi (1)
Kanäle