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News aus Hamburg
HANDMADE UND REGIONAL

Wir bringen Korn wieder nach vorn!

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Wir sagen den Thekentrend 2018 voraus: Das Comeback des Korns! Denn in Hamburg sind junge Schnapsmissionare unterwegs, mit alten Vorurteilen aufzuräumen und Korn wieder an die Tresen der Stadt zu holen. Warum wir dem traditionellen Tropfen jetzt eine neue Chance geben sollten.

Er gilt als Bauerngesöff und Billigfusel, als altmodisch und uncool. Mit Korn teilen wir die Erinnerungen an den ersten Absturz und schlechte Zeltfeste, den Geschmack von einem günstigen Suff und den Kopfschmerz danach. Besonders die in den ländlicheren Gefilden Aufgewachsenen wissen, wovon wir sprechen.

Der erste Rausch mit Apfelkorn? Standard.Und wie sollte man auf den rustikalen Dorfpartys denn sonst abfeiern können, wenn nicht mit einer großzügigen Korn-Mische? Lässig eine Karaffe des beliebten Cocktails CoKo (für Nicht-Insider: Cola-Korn) an den Hosenbund gehängt (vornehmlich in einer Plastikkanne) und die Party konnte losgehen. Eine vernünftige Korn-Mische garantierte uns einen guten Abend.

Das Motto: „Korn bringt uns nach vorn!“ Korn sollte ballern, nicht schmecken. Deshalb tranken wir Korn auch nicht pur (bäh!), sondern eigentlich immer als Mische. Neben CoKo waren noch FaKo (Fanta-Korn), Korn und Sprite oder der Schüttelkorn (Kurzer mit Brausepulver) allseits beliebte Mixvariationen. „Trink ihn mit Sprite, da schmeckt man den Korn nicht so!“ – ihr erinnert euch? Korn wird auf dem Land getrunken und nur, um sich stumpf zu besaufen. In der Stadt würden wir niemals einen Korn bestellen. Keine hippe Bar hat einen Korn auf ihrer Getränkekarte. Oder doch?

Mit alten Vorurteilen aufräumen
„Korn hat vor allem ein Image- kein Geschmacksproblem!“, behauptet Johann Dallmeyer. Zusammen mit seiner Schwester Ann-Kathrin und ihrem gemeinsamen Freund Lars ist er angetreten, das berüchtigte Getränk wieder salonfähig zu machen. Alle drei stammen aus dem Bremer Umland, haben die klassische Korn-Jugend hinter sich und wissen deshalb um den Ruf dieser Spirituose. Doch viele Jahre später, am Ende ihrer Studienzeit fernab der Heimat, erinnerten sie sich nostalgisch an ihre Jugend zurück und entwickelten ihre – im wahrsten Sinne des Wortes – Schnapsidee.

Einen eigenen Korn kreieren, der nichts mit dem 4,99 Euro Gesöff zu tun hat, dass wir uns damals aus dem Supermarkt geholt haben. Sie wollen einen hochwertiger Korn herstellen, einen, den man guten Gewissens alten Freunden anbieten kann und ohne sich zu schämen in einer Hamburger Szenekneipe bestellen kann.

Gelallt, getan: Letztes Jahr brachten sie ihren eigenen Korn NORK an den Start. Ein edler Doppelkorn, das Weizendestillat ist vermählt mit gefiltertem Wasser aus Bremen und Hamburg – den heutigen Heimatstädten der Drei. Gebrannt wird der NORK ebenfalls in der goldenen Mitte beider Städte, nämlich in einer kleinen Brennerei in Scheeßel. Das Schöne an dieser Kombi: NORK vereint die tief verwurzelte Regionalität des Korns mit neuem Genuss. Denn ein Geschmacksproblem hat dieser Schnaps absolut nicht. Er schmeckt leicht süßlich, hat eine malzige Note und kann pur getrunken werden – ohne dabei die Nase zu rümpfen. Dass uns das beim Probieren regelrecht überrascht, zeigt wohl, wie tief die negativen Korn-Erinnerungen sitzen, und wie sehr noch an der Image-Aufpolierung gearbeitet werden muss.

KORN-CREW: Johann, Lars und Ann-Katrin wollen Korn mit ihrem NORK wieder salonfähig machen.

Klar, schmeckt dieser Klare
Ein weiterer Mitstreiter, der neben dem NORK-Trio am positiven Korn-Image arbeitet, ist der Hamburger Simon Meyborg. Er entwickelte fast zeitgleich dieselbe Idee. Nach einem Wochenende in seiner Heimat im Oldenburger Münsterland – ebenfalls Korn-Hochburg – wurde er auf der Rückfahrt nach Hamburg wehmütig… und kreativ. „Gin Tonic, Pimm’s Cup, Tarifa – es gibt so viele tolle Drinks. Aber ein ehrlicher und hochwertiger Korn, der fehlt hier“, dachte Simon und begann im vergangenen Jahr mit der Entwicklung seiner Version einer modernen Ausgabe des hochprozentigen Getränks.

Nachdem er in seiner Heimat eine kleine Kornbrennerei von seiner Idee überzeugen konnte, hält er heute einen Schnaps in der Hand, der seinen eigenen Namen trägt: Meyborg. „Kühl. Kantig. Klar.“ steht auf dem Etikett. Und drin ist, was drauf steht: Ein klarer Korn, den man am besten pur trinkt und wieder über den Geschmack überrascht ist. Denn trotz seiner 40 Prozent Umdrehungen schmeckt der Meyborg unglaublich mild, brennt kein bisschen nach und kann es locker auch mit einem guten Vodka aufnehmen.

Stolz und mit jeder Menge Eigeninitiative spazierte Simon 2016 mit der ersten Charge seines Meyborgs durch die Bars seiner Ottenseer Hood um ihn dort anzupreisen. Simon ist hauptberuflich Entwickler und ITler, kein Vertriebler, kein Schnapsvirtuose. Er hat in Hamburg einfach ein Stück Heimat vermisst und verfolgt seine Mission mit Leidenschaft und Herzblut.

Tipp: Seine Mission, einen hochwertigen Korn unters Volk zu bringen, begleitet Simon Meyborg mit einem eigenen Podcast! Super unterhaltsam und absolut hörenswert!

Korn trifft Whiskey
Aber nicht nur klarer Korn tritt den Geschmackstest an Hamburger Tresen an. Eine ganz andere, neue Version des Weizenschnaps haben die beiden Hamburger André und Arne entwickelt. Die beiden Schiffskaufmänner kennen sich von der Arbeit und saßen eines Abends mit anderen Kollegen einer großen Reederei in ihrer Stammkneipe, der Haifischbar am Hafen. „Die Reederei äußerte den Wunsch, einen hauseigenen Schnaps auf den Markt zu bringen – das haben Arne und ich dann mal in die Hand genommen“, erzählt André. Auch die beiden Jungs sind echte Nordlichter und fanden, nichts könnte besser zu einem Gruß von der Küste passen als ein Korn – nur hochwertig soll er sein.

Das besondere an ihrem Hochseekorn: Er lagert zunächst drei bis vier Jahre in alten Whiskeyfässern bevor er anschließend in genau diesen um die Welt geschifft wird. Durch die Lagerung im Whiskeyfass nimmt der Korn eine leicht goldbraune Färbung an und verändert sich auch geschmacklich. Die Handelsroute des Frachters führt ihn unter anderem an die Häfen von Panama, New Orleans oder Hong Kong. Am Ende hat der Korn eine 180-tägige Schiffsreise hinter sich, wurde ordentlich durchgeschüttelt und hat mehrere Klimazonen durchlaufen. Arne und André haben ihren Korn vor und nach der Reise probiert und schwören: Man schmeckt den Weltenbummel!

SCHNAPPSIDEE: Die Hochseekorn-Jungs Arne und André haben ihren Thekentratsch in die Wirklichkeit umgesetzt.

Leidenschaft und Herzblut für jede Flasche
Trotz Weltreise oder Vodka-Konkurrenz können wir dem Korn seine Regionalität nicht absprechen – und wollen es auch gar nicht. Er ist eben kein internationales Getränk wie Vodka, Gin oder Whiskey. Er ist fest in der deutschen Kultur verankert und gerade bei uns Norddeutschen ein traditioneller Tropfen. Verwunderlich, dass es bei dem momentanen Hype um regionale Produkte erst jetzt wieder laut um dieses deutsche Kulturgut wird. Korn ist immerhin eine der ältesten deutschen Spirituosen und unterliegt einem strengen Reinheitsgebot. Dem verwendeten Korn (meist Weizen) dürfen keinerlei Aromen oder Zusatzstoffe beigefügt werden, damit der Schnaps den Namen Korn tragen darf.

NORK, Meyborg oder der Hochseekorn sind keine Industrieprodukte. Die kleinen, teils familienbetriebenen Brennereien sitzen im niedersächsischen Scheeßel, Haselünne und Oldenburg. Produziert wird nachhaltig und nur auf Anfrage. Der Korn kann auf den jeweiligen Webseiten online bestellt werden. Meistens wird er von den Hobby-Schnapshändlern selbst verpackt und zur Post gebracht. Und auch das Label „handmade“ dürfen sich unsere Korn-Krieger auf die Flagge schreiben. Zwar brennen sie den Schnaps nicht selber, kümmern sich aber um alles drumherum. Die Hochseekorn-Jungs fahren ihre Fässer zum Verladen selbst zum Schiff um nach der Reise dann eigenhändig die Etiketten mit den angefahrenen Häfen und der Fass- und Flaschennummer zu beschriften.

Simon hat damals nach Feierabend stundenlang online nach der für ihn idealen Flaschenform gesucht und anschließend ein eigenes Label designt und gebastelt. Die Flaschen von NORK bekommen ein von Hand geleimtes Etikett, welches fortlaufend nummeriert wird. Jeder der Holzdeckel wird eigenhändig geölt. Hinter jedem dieser Korn steckt eine Geschichte, eine Leidenschaft und ganz viel Herzblut. Und vor allem: Junge und ultra sympathische Leute mit einer lustigen Mission. Konkurrenzkampf ist zwischen den Kornerern deshalb auch nicht angesagt. Sie kennen sich mittlerweile untereinander und sagen: „Wir haben irgendwie ja alle das gleiche Ziel und sind dankbar für jeden, der dabei hilft, dass ein guter Korn bald wieder hinter jedem Tresen steht!“

Korn mit Stil und Style
Natürlich kann sich der Korn für sein Comeback nicht in seinem, doch reichlich in die Jahre gekommenen Outfit präsentieren. Tschüss altdeutsche Schrift, tschüss liebloses Industriedesign. Der neue Korn kann sich locker auf jedem Instagram-Profil sehen lassen. Das Design der NORK-Flasche hat kürzlich sogar den „German Design Award“ gewonnen. Damit dürfte zumindest optisch das miese Image des Korns aufpoliert sein. Stylisch, edel, modern und schlicht sind sowohl die Flaschenformen als auch Etiketten und somit passt das Äußere auch zum Inhalt. Kein Billigfusel, kein Schnickschnack, sondern ein guter, ehrlicher
Schnaps.

Diese Korn-Neuerfindungen sind viel zu schade für billige Mischgetränke und haben mit dem, was viele von uns aus ihrer Jugend kennen, nichts mehr gemeinsam. Einen hochwertigen Korn genießen wir heute pur oder als Basis für neue ausgefallene Drinks. Korn hat es absolut verdient, dass wir ihm jetzt wieder einen Platz in unserem Schnapsregal frei räumen! Auch einige Hamburger Bars und Restaurants haben sich bereits überzeugen lassen und Edelkorn bei sich aufgenommen. So hat das Brachmanns Galeron in seinem berühmt-berüchtigten Whiskeykeller jetzt sogar eine eigene Korn-Karte im Angebot. Beim nächsten Barbesuch könnt ihr euch also ruhig mal wieder trauen, nach einem Korn zu fragen!


Tresen-Treasures:
Hier könnt ihr euch selbst von hochwertigem Korn überzeugen!
Reh-Bar, Ottensen: In der gemütlichen, dunklen Kneipe steht der Meyborg-Korn prominent auf dem Regal hinter der Theke. Am besten direkt am Tresen ordern und als Kurzen pur genießen! Ottenser Hauptstr. 52 (Ottensen)
Haifisch-Bar: Eine Hamburger Institution direkt am Hafen. Zwischen Modellschiffen und Fischernetzen bekommt ihr den Hochseekorn serviert. Schmeißt n Taler in die alte Jukebox und genießt ihn Schluck für Schluck zu Seemannsliedern. Große Elbstr. 128 (Ottensen)
Pförtnerhäuschen: In dem kleinen Backsteinhäuschen vor dem Knust gibt es den NORK – als
klaren Kurzen oder auch in einem vom Wirt selbst erfundenen Cocktail auf NORK-Basis. Ideal
als Feierabenddrink! Neuer Kamp 30 (St. Pauli)

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Korn-Cocktails:
Hochwertige Korns haben mehr verdient als CoKo und FaKo. Diese Drinks können es locker mit Gin Tonic & Co aufnehmen:

HAMBURG MULE:
2,5dl Gingerbier
4cl MEYBORG
Limette



NORKLICHT:
4cl NORK
3cl naturtrüber Apfelsaft
2 Spritzer Limettensaft
Tonic Water
1 Zimtstange oder -rinde
Eiswürfel
 

MEERJUNGFRAU:
2,0dl Weisswein
2cl MEYBORG
Wassermelone
Gurke


NORKnacht:
4cl NORK
1cl Zitronensaft
1cl Simple Syrup (Zuckersirup)
1cl Coldbrew Coffee
Tonic Water
Eiswürfel

 

Text: Lisa Matthiesen
Fotos: Hochseekorn (3), Nork GbR (2), Simon Meyborg (1)

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