Jeder kann die Phase „nur ‘ne fixe Idee“ überwinden, es tatsächlich wagen seine Sachen zu packen und den Flug nach Kanada, Australien oder Timbuktu zu buchen! Das behaupten zumindest zwei, die es wissen müssen: Jan und Til (beide 26) aus Hamburg. Zum Mai 2015 kündigten die Jungs ihre Jobs, vermieteten ihre Wohnungen und fuhren los – mit dem Rad von Alaska bis Mexiko. Es war ihre „Worst Idea Ever".
Das Ausgangsszenario: Eine laue Sommernacht vor der Tabakbörse in der Schanze, ein paar Bier, man philosophiert über das Leben und dass man eigentlich Bock auf ein Abenteuer hätte. Das klingt vielleicht nach einem typischen Wochenend-Abend, aber diesmal verläuft es irgendwie anders bei Jan und Til, die sich vom Kommunikationsdesign-Studium an der HTK kennen. Denn aus dem „Rumgespinne“ über den Abenteuer-Urlaub wird Ernst.
„Wir wollten einfach was Neues machen und kamen irgendwie auf die Route von Alaska nach Mexiko,“ erzählt Til. „Dann haben wir relativ schnell Freunden davon erzählt und so wurde es immer sicherer, dass wir das machen – müssen. Niemand hätte uns wohl zugetraut, dass wir das wirklich durchziehen. In dieser Phase entstand auch der Tour- Name: ‚Worst Idea Ever’".
Sie buchten den Flug nach Alaska tatsächlich, nachdem über ein paar Sponsoren die Fahrräder und die Zelte für den Trip organisiert waren. „Wir sind in Anchorage gelandet und von dort einfach aufs Rad gestiegen und los“, sagt Til. Als wären die beiden mal eben zum Bäcker um die Ecke getingelt. Von dort aus ging es weiter über Niemandsland und die Bilderbuch-Natur in Kanada – zwischendurch die erste Bären-Begegnung:
„Aus sicherer Entfernung rissen wir Witze, wer welchen Bären mit einem ‚Uppercut’ erledigen würde. Das hörte aber schlagartig auf, als sie uns entdeckten und näher kamen.“
Eine Fähre brachte beide nach Washington und es ging weiter an der Küste Richtung Süden über Oregon bis nach San Francisco. „Keiner von uns hätte vorher gedacht, dass unsere zermürbten Großstadtkörper jemals zu derartigen Leistungen im Stande wären“, erzählt Jan von bis zu 100 Kilometer langen Tagesetappen, die nur von Päuschen und Akku-Laden auf Campingplätzen und Übernachtungen bei gastfreundlichen Amerikanern unterbrochen wurden.
Auch die schlappen 1004 Kilometer ab San Francisco nach Mexiko konnten also nicht mehr schocken. Auf einem Campground trafen Jan und Til auch endlich andere Biker mit dem selben Reisestil: „Das waren die ersten, die nicht die ganze Route einfach runterrasselten. Spaß und Bier stand im Vordergrund – wie bei uns.“ Nach LA und Long Beach folgte das symbolische Ende der über 5000 Kilometer langen Reise mit dem Überradeln der Grenze nach Mexiko.
Als studierte Kommunikationsdesigner führten die beiden online einen professionellen Reise-Blog, machten unzählige Fotos und Videos, die das Abenteuer dokumentierten – und noch heute akutes Fernweh auslösen! Obwohl ihre Route relativ beliebt bei Reisenden ist, waren die Jungs wohl nie die typischen Traveller:
„Alle anderen waren voll ausgerüstet und hatten ihre Trecking- und Funktionsklamotten an. Wir hatten nur eine Karte gekauft und vorher ein bisschen was über Bären gelesen“, sagt Jan.
Aber warum auch nicht? Einfach mal keinen Plan haben, nichts festlegen und nichts timen – denn alles genau im Griff haben zu wollen, macht doch den öden Trott von Zuhause aus. Til und Jan haben sich davon ihre Auszeit genommen und eine fixe, ein bisschen verrückte Idee wahr gemacht. „Die wenigsten setzen solche Pläne wohl im Endeffekt um. Aber es lohnt sich. Ich bin stolz auf uns“, sagt Til.
Von Camping in der Wildnis über einige Lagerfeuer-Biere bis zu glimpflich ausgegangenen Bären-Begegnungen: Die Eindrücke bleiben für die Zukunft, wenn der Alltag in Deutschland einen wieder einholt: „Die Landschaft – gerade in Alaska und Kanada – war einfach heftig“, erzählt Jan.
Seit Ende November 2015 sind die beiden wieder in Deutschland, wo der Alltag dann leider wirklich schneller kam, als gedacht. Til meint: „Man weiß hier in Deutschland zwar alles wieder mehr zu schätzen – das Bett und die warme Dusche zum Beispiel – aber das Abenteuer jeden Tag fehlt uns. Und das Wetter nervt natürlich! In Amerika sind wir immer mit der Sonne gereist.“
Und – bitte ehrlich sein – wer will das nicht?! Heißer Tipp der Jungs: „Wenn wir das schaffen, dann schafft das echt jeder!“
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